"Ethik und Religion keine Gegensätze"
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Geestland/Kr. Cuxhaven (epd). Ethik und Religion sind nach Auffassung des hannoverschen Landesbischofs Ralf Meister und des Fernsehjournalisten Franz Alt keine Gegensätze. Das zeige beispielsweise die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sagte Alt am Dienstagabend bei einer Diskussion mit dem Bischof im evangelischen Bildungszentrum Bad Bederkesa. Sie sei zugleich "säkulare Ethik und praktische Politik der Bergpredigt", betonte der Ex-Moderator des TV- Politmagazins "Report" und Ökoaktivist. Auch Meister sagte, die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin sei aus einer "zutiefst religiösen Haltung" gespeist.
Alt hatte sich mit dem Dalai Lama über das Thema unterhalten und die Meinung des geistigen Oberhaupts der Tibeter im vergangenen Jahr in einem Buch unter dem Titel "Ethik ist wichtiger als Religion" veröffentlicht. "Ich denke an manchen Tagen, dass es besser wäre, wenn wir gar keine Religionen mehr hätten. Alle Religionen und alle Heiligen Schriften bergen ein Gewaltpotenzial in sich. Deshalb brauchen wir eine säkulare Ethik jenseits aller Religionen", zitierte Alt den Dalai Lama und ergänzte: "Zu religiösen Menschen werden wir gemacht, zu ethischen Wesen werden wir geboren."
Nach Überzeugung des Dalai Lama können Menschen zwar ohne Religion, aber nicht ohne innere Werte, ohne Ethik auskommen. Dem pflichtete Meister bei: "Religion ohne Ethik gibt es nicht, Ethik ohne Religion schon." Die Gesellschaft befinde sich in einer Orientierungskrise, Normen der Religionen seien obsolet geworden. Andererseits gebe es eine große Konjunktur der Ethik. "Ein bisschen überraschend" sei, dass trotzdem die Mitarbeit der ursprünglichen Werteinstitution Kirche bei wichtigen Fragen der Gesellschaft weiter gefragt sei, etwa in der Endlagerkommission des Bundes, sagte Meister.
Obwohl im Namen der Religionen seit jeher Verbrechen ausgeübt und gegen die Menschenwürde verstoßen wurde, bilanzierte Alt große Fortschritte, was beispielsweise die Abnahme der Gewalt angeht. Trotz aller Katastrophenmeldungen habe es auf der Welt noch nie so wenig Gewalt gegeben wie heute. "Daran kann man weiterarbeiten." Meister verwies darauf, dass Religionen die Hoffnung auf eine bessere Welt vermittelten: "Und ohne Hoffnung wird sich die Welt nicht ändern."
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