Startseite Archiv Nachricht vom 04. April 2016

Theologe Moltmann wird 90 Jahre alt

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Bremen (epd). Der bekannte Theologieprofessor Jürgen Moltmann wird am 8. April 90 Jahre alt. Moltmann, der seine Karriere in Bremen begann, gilt als einer der bedeutendsten evangelischen Theologen des 20. Jahrhunderts. International bekannt wurde er in den 1960er Jahren durch seine "Theologie der Hoffnung", die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde. Zu seinem Geburtstag ist in Bremen vom 15. bis 17. April ein "Fest der Freundschaft" geplant, zu dem auch ein Senatsempfang im Rathaus gehört. Die Laudatio hält Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Seine theologischen Studien begann Moltmann, der 1926 in Hamburg geboren wurde, in englischer Kriegsgefangenschaft. Er war Gemeindepastor in Bremen-Wasserhorst und später Studentenpfarrer in der Hansestadt. 1957 wurde er Professor an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal, 1963 wechselte er nach Bonn. Von 1967 bis zur Emeritierung 1994 lehrte er Systematische Theologie und Sozialethik an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen.

Moltmann erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Ernst-Bloch-Preis und den mit 200.000 US-Dollar dotierten Grawemeyer Award in Religion der Grawemeyer Foundation an der Universität Louisville/Kentucky (USA). In den 1980er Jahren hielt er die renommierten "Gifford Lectures" in Schottland.

Moltmann fühlte sich stets der ökumenischen Idee verpflichtet. 20 Jahre lang war er Mitglied der Abteilung Faith and Order (Glaube und Kirchenverfassung) des Ökumenischen Rates der Kirchen in Genf. Noch Anfang dieses Jahres reiste er zum Weltkirchenrat, wo er für mehr Engagement der Christen in der Welt warb. Moltmann ist mit der feministischen Theologin Elisabeth Moltmann-Wendel verheiratet. Gemeinsam haben sie vier Kinder.

Immer wieder hat sich Moltmann in gesellschaftliche Diskussionen eingemischt. Nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center 2001 in New York kritisierte er den in den Attentaten zum Ausdruck kommenden lebensvernichtenden Nihilismus. 2015 stellte er sich gegen die Hinrichtung der US-Amerikanerin Kelly Gissendaner, mit der er mehrere Jahre lang eine Brieffreundschaft unterhalten hatte.

Neben seiner "Theologie der Hoffnung", in der er die Hoffnung als Zentrum christlicher Existenz beschreibt, hat Moltmann zahlreiche weitere Bücher geschrieben. Zuletzt veröffentlichte er 2014 mit "Der lebendige Gott und die Fülle des Lebens" einen Beitrag zur Atheismus-Debatte. 

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 Jürgen Moltmann im Hospitalhof in Stuttgart im März 2016. Bild: Maeterlinck/wikipedia.org

Literaturhinweis

Buch zum 90. Geburtstag: Jürgen Moltmann im Gespräch mit Eckart Löhr, Hoffnung für eine unfertige Welt. 112 Seiten, 14,99 Euro. Patmos (Ostfildern) 2016 

Theologie als Widerspruch

Bremen (epd). Theologie zu betreiben, bedeutet für Jürgen Moltmann, sich einzumischen. Daran hält der Hanseat, der seine Karriere in Bremen begann und zu den bedeutendsten evangelischen Theologen des 20. Jahrhunderts zählt, bis ins hohe Alter fest. Ganz egal, ob es um Ökologie, Menschenrechte oder die Zukunft der Kirche geht. Am 8. April wird der heute in Tübingen lebende Theologieprofessor 90 Jahre alt. 

Krieg und Gefangenschaft haben den 1926 in Hamburg geborenen Theologen geprägt. Im Zweiten Weltkrieg erlebte er als junger Flakhelfer den Tod eines Schulfreundes aus unmittelbarer Nähe. "In dieser Nacht habe ich zum ersten Mal in meinem Leben nach Gott geschrien und mein Leben in Gottes Hände gelegt", schrieb er später in seiner Autobiografie. In britischer Kriegsgefangenschaft beschäftigte sich Moltmann, der aus einer atheistischen Lehrerfamilie stammt, intensiv mit der Bibel. Über seine Zeit in dem Studien-Gefangenenlager Norton Camp sagte er einmal, er habe nie mehr in seinem Leben so intensiv Theologie erlebt wie in den zwei Jahren in Kriegsgefangenschaft.

Bekannt wurde Moltmann durch seine "Theologie der Hoffnung", die er 1964 veröffentlichte. In dem Buch macht er - inspiriert durch "das Prinzip Hoffnung" des jüdischen Philosophen Ernst Bloch - die christliche Hoffnung für die Erneuerung von Kirche und Gesellschaft fruchtbar. "Wer auf Christus hofft, kann sich nicht mehr abfinden mit der gegebenen Wirklichkeit, sondern beginnt an ihr zu leiden, ihr zu widersprechen", schreibt Moltmann.

Das Werk, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde, traf die Fragen der Zeit. "Moltmann propagiert ein umstürzlerisches, gesellschaftsveränderndes - wie er sagt, ursprüngliches - Christentum und offeriert damit Christen und Kirchen eine Theologie, die zur aktiven, ja aggressiven Auseinandersetzung mit der politischen Gegenwart ermächtigt und anfeuert", urteilt im Jahr 1968 das Magazin "Der Spiegel".

Christlicher Glaube, so die Überzeugung Moltmanns, hat stets gesellschaftliche Relevanz. Während des Prager Frühlings nahm der Theologe in der damaligen Tschechoslowakei am christlich-marxistischen Dialog teil. Nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center 2001 in den USA geißelte er den dabei zum Ausdruck kommenden lebensvernichtenden Nihilismus. Scharf kritisierte er im vergangenen Jahr die Hinrichtung der US-Amerikanerin Kelly Gissendaner, mit der er mehrere Jahre lang eine Brieffreundschaft unterhalten hatte.

Moltmann äußert sich bis heute zur Ökologie, engagiert sich in jüdisch-christlichen Gesprächen und in der Ökumene. In seinem Buch "Der Gekreuzigte Gott" entfaltete er 1972 eine Theologie nach Auschwitz und fragte nach der Bedeutung des Todes Christi für die Gegenwart. 2010 veröffentlichte er - 46 Jahre nach der "Theologie der Hoffnung" - seine "Ethik der Hoffnung". Darin beschreibt er die Grundlinien des ethischen Handelns, das für sein Leben leitend war und ist. Noch mit knapp 90 reiste er Anfang dieses Jahres zum Weltkirchenrat, wo er für mehr Engagement der Christen in dieser Welt warb.

Moltmann war von 1953 bis 1958 Pastor in der reformierten Gemeinde Bremen-Wasserhorst und Studentenpfarrer der Bremischen Evangelischen Kirche. Als Professor für Dogmengeschichte arbeitete der Theologieprofessor zunächst an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal, ehe er 1963 nach Bonn berufen wurde. Von 1967 bis zu seiner Emeritierung 1994 lehrte er in Tübingen, wo er bis heute lebt. Moltmann ist mit der feministischen Theologin Elisabeth Moltmann-Wendel verheiratet und hat vier Töchter, zwei wurden in Bremen geboren.

Der Theologe hat zahlreiche Auszeichnungen und mehrere Ehrendoktortitel erhalten. Die Stadt Ludwigshafen verlieh ihm den Ernst-Bloch-Preis. Im Jahr 2000 wurde er mit dem US-amerikanischen "Grawemeyer Religion Award" geehrt. Der Theologe gelte als "einer der aufregendsten und angesehensten Theologen der Welt", hieß es in der Begründung des mit 200.000 Euro dotierten Kulturpreises. "Meine theologische Tugend", hat Moltmann einmal gesagt, "war nicht Demut, sondern nur die Neugier und Fantasie für das Reich Gottes."

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