Songschreiben mit dem Popkantor
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Hameln. Unterricht mit Til von Dombois, einem der Sänger von „Fünf vor der Ehe“ - das hat schon was für die angehenden Sozialassistenten der Elisabeth-Selbert-Schule, die am Wahlpflichtkurs „Musikvermittlung“ teilnehmen. Seit 2012 ist der 35-jährige Popkantor der Evangelischen Landeskirche Hannovers und somit zuständig für populare Musik in der Kirche.
„Ich bin Til, von Beruf Autor und Musiker“, stellt er sich den Kursteilnehmern vor und erzählt von seinen musikalischen Anfängen mit Flöte und Klavier, wenig Üben und viel Gedudel. „Habt ihr schon mal ein Lied geschrieben?“, fragt er unvermittelt in die Runde und tatsächlich bringen ein paar Schülerinnen Erfahrung im Textschreiben mit. Der Popkantor zückt sein Smartphone („ohne das geht nix“), spielt eine Eigenkomposition ab und bespricht daran Ablauf und Aufbau eines Liedes.
Nach diesem Warm-up geht’s gleich ans Eingemachte: Die zwölf Schüler werden zum Flow-Writing aufgefordert, sollen ohne zu stoppen aufschreiben, was ihnen zum Thema „Ebbe und Flut“ in den Sinn kommt. Es wird mucksmäuschenstill, bei manchen sprudeln die Gedanken regelrecht aufs Papier. Bevor die Texte vorgetragen werden, weist der Popkantor auf Gesprächsregeln hin und betont: „Es gibt kein Richtig oder Falsch, sondern nur coole Ideen.“ Bei einem der Ebbe-Flut-Gedankenströme kommuniziert das Meer, ein anderer ist in Reimen verfasst – wie ein Songtext.
Auch Til von Dombois liest seine Zeilen vor, dann bildet er vier Gruppen, in denen aus den individuellen Entwürfen nach vorgegebenem Reimschema ein gemeinsamer Liedtext entstehen soll. Während sie in ihren Kleingruppen arbeiten, coacht er die Schüler, gibt Tipps („überlegt euch Assoziationen zum Meer und bezieht das auf euer Leben“ oder „haltet euch nicht zu lange an einer fehlenden Zeile auf) – auch zum Reimen („da geh' ich immer das Alphabet durch“). In einer Gruppe wird das Zurückziehen des Meeres als ein Ende interpretiert, aus dem Neues erwächst, eine andere Gruppe kommt über „Ebbe und Flut“ zum Thema Urlaub und schreibt einen Text nach dem „Ich packe meinen Koffer“-Prinzip. Bei einer Gruppe entsteht ein Liebeslied, eine andere stellt bei der Beschreibung des Meeres die Frage nach dem Glück in den Mittelpunkt.
Auf seinem Keyboard unterlegt Til von Dombois die vier Liedtexte mit verschiedenen Melodien und singt sie dazu. Eine Schülerin trägt ihren Gruppentext selbst vor – ein sehr berührender Moment. Der Popkantor bietet ihr an, ihm den fertigen Song zu schicken, sobald sie ihn mit ihrer Band aufgenommen hat. „Ihr wart als Autoren tätig wie Leute aus der Popwelt - das sind Hollywood-Songs mit coolen Texten“, lobt er und weist darauf hin, dass es schon immer professionelle Musiker gab. Er verdeutlicht das anhand eines Liedes eines „Typpis aus dem 16. Jahrhundert, einer Zeit, in der es kein iPhone, keine Tuning-Software und keine Mischmaschine gab. Die konnten damals ihre Musik nur in Noten aufschreiben“, erklärt von Dombois und singt Johann Sebastian Bachs „Jesu, meine Freude“ vor. „Das wurde in einer anderen Zeit, einem anderen Kontext geschrieben, wichtig ist, dass wir auch dieser Musik Respekt entgegenbringen, denn coole Popsachen kommen von Leuten, die vor Hunderten von Jahren das Fundament dafür gelegt haben.“ Damit schlägt er den Bogen zu dem Anliegen der Kursleiterinnen, Schulpastorin Dr. Michaela Engelmann und Musikpädagogin Silke Lindenschmidt, die die Schüler christliche Musikkultur neu entdecken lassen möchten. Finanziert wird der Kurs, der ein breites Spektrum musikalischen Kirchenerlebens und viele Anregungen bietet, über VISION KIRCHENMUSIK, ein Modellprojekt für Musikvermittlung der Landeskirche, vom Kirchenkreis Hameln-Pyrmont und auch von der Landeskirche.
Gastreferent Til von Dombois gelingt es in der Doppelstunde, über die Popmusik eine Tür zur traditionellen Kirchenmusik zu öffnen und die Kursteilnehmer zu begeistern. „Kommst du nochmal wieder?“, fragen sie am Ende.
VISION KIRCHENMUSIK/Annette HenselTil von Dombois coacht die Kursteilnehmer. Bild: Lothar Veit