Gorleben-Widerständlerin Marianne Fritzen stirbt im Alter von 91 Jahren
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Lüchow (epd). Die langjährige Vorsitzende der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Marianne Fritzen, ist tot. Sie starb in der Nacht zu Montag einen Monat vor ihrem 92. Geburtstag, wie die Initiative am Montag mitteilte. Wie kaum eine andere Person habe Fritzen den Protest gegen die Gorlebener Atomanlagen geprägt. Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) würdigte das jahrzehntelange Engagement der Aktivistin.
1973 beteiligte sich Fritzen an der Gründung der Bürgerinitiative, bis 1982 war sie deren Vorsitzende, später übernahm sie den Ehrenvorsitz. Bis zu ihrem Tod war sie im Vorstand des Gorleben-Archivs aktiv. Regelmäßig nahm sie auch am "Gorlebener Gebet" teil.
Hendricks sagte, mit Fritzen verliere Deutschland einen Menschen, der "wie wenige andere sein Leben dem Widerstand gegen den Irrweg der Atomkraftnutzung" gewidmet habe. "Das Bild von der kleinen tapferen Frau mit der Strickmütze, die sich von den behelmten Polizisten um sie herum nicht einschüchtern lässt, wurde zur Ikone der Bürgerbewegung gegen Atomkraft und Atommüll in Gorleben."
Fritzen habe das verkörpert, was gewaltfreien Widerstand ausmache, fügte Hendricks hinzu: "Entschlossenheit, Mut und Ausdauer." Sie sei unnachgiebig in der Sache, aber immer zum Gespräch mit ihren Gegnern bereit und in der Lage gewesen. Die Anti-Atombewegung, aber auch die Gesellschaft insgesamt hätten ihr viel zu verdanken. "Ich verneige mich vor einer großartigen Frau, vor einem warmherzigen Menschen", sagte Hendricks.
Ende der 1970er Jahre gehörte Fritzen auch zu den Mitbegründern der Grünen Liste Umweltschutz in Niedersachen. Für die spätere Partei engagierte sie sich zunächst als Kommunalpolitikerin im Kreistag von Lüchow-Dannenberg und im Samtgemeinderat Lüchow. 2000 brach sie mit den Grünen und verließ die Partei aus Protest gegen den Atomkonsens, den die damalige rot-grüne Bundesregierung mit den AKW-Betreibern ausgehandelt hatte. 2010 erhielt sie den mit 10.000 Euro dotierten Petra-Kelly-Preis der Heinrich-Böll-Stiftung.
Die Grünen-Europaabgeordnete Rebecca Harms würdigte Fritzen als "die große Frau mit politischem Weitblick und Instinkt in der Anti-Atom- Bewegung". Sie habe dieser Bewegung immer wieder Orientierung gegeben.
Dieter Reckers vom Koordinationskreis des "Gorlebener Gebetes" sagte dem epd, Fritzen habe die wöchentlichen Andachten "durch ihre Persönlichkeit und viel Herzblut bereichert". Die "Gorlebener Gebete" werden seit 1989 an jedem Wochenende im Wald an den Gorlebener Atomanlagen gefeiert.
Copyright: epd-Landesdienst Niedersachsen-BremenDas Foto zeigt Petra Kelly-Preisträgerin Marianne Fritzen, langjährige Vorsitzende der Bürgerinitiative Lüchow - Dannenberg im Jahr 2010. Bild: epd-bild/Christof Krackhardt