Pistorius: Flüchtlingskrise lässt sich nur europäisch lösen
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Hannover (epd). Die Flüchtlingskrise lässt sich aus Sicht von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) nur europäisch lösen und nicht durch nationale Grenzschließungen. "Ich bin davon überzeugt, dass wir in Europa unsere Naivität ablegen müssen", sagte Pistorius am Donnerstag in Hannover nach einer Reise nach Griechenland und in die Türkei: "Zu glauben, dass die Flüchtlingsbewegung sich dadurch aufhalten lässt, weil wir Grenzen dichtmachen in Europa, ohne Alternativen aufzuzeigen, wird nicht funktionieren." Wenn die Balkan-Route geschlossen sei, suchten sich die Flüchtlinge neue Wege, etwa über Albanien oder das Schwarze Meer.
Der Minister hatte gemeinsam mit seinem hessischen Amtskollegen Peter Beuth (CDU) vier Tage lang die griechische Insel Lesbos in der Nordägäis sowie das türkische Izmir besucht. Beide nahmen dort unter anderem an einem Einsatz der griechischen Küstenwache teil, bei dem rund 200 Flüchtlinge aus drei Booten gerettet wurden. Pistorius plädierte für ein solidarisches Vorgehen der europäischen Länder und für gemeinsame Kontingente zur Aufnahme der Flüchtlinge. "Wir werden es nicht schaffen, wenn jeder nach dem Motto verfährt: Jeder für sich und keiner für den anderen." Er sei aber nach wie vor zuversichtlich, dass sich die Krise bewältigen lasse.
Pistorius zeigte sich schockiert, dass sich in der Nordägäis Menschen, die noch nie zuvor das Meer gesehen hätten, unter Lebensgefahr in völlig überfüllte Boote setzten, die bei jeder falschen Bewegung kentern könnten. Europa müsse alles tun, damit die Flüchtlinge "nicht bei Windstärke fünf auf Schlauchboote klettern müssen". Dazu könne auch der Aufbau von Flüchtlingsstädten in sicheren Regionen mit Hilfe europäischer Hilfsorganisationen gehören. Das koste Geld, rette aber Menschenleben und könne zu einer gesteuerten Zuwanderung beitragen.
Der Minister rechnet damit, "dass wir uns bei den Flüchtlingszahlen von 2016 mindestens auf dem Niveau von 2015 bewegen". Nötig sei, die griechischen Registrierungszentren durch Personal und Technik zu unterstützen - dafür will Pistorius bei der Innenministerkonferenz im Juni im Saarland werben. Zudem seien weitere Kampagnen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge nötig. "Wir müssen klare Signale setzen, wer eine Chance hat, Asyl zu bekommen in Deutschland", sagte Pistorius. "Nicht um die Leute abzuschrecken, sondern um sie zu schützen. Wer sich auf solche Wege macht, der muss wissen, welches Risiko er eingeht und wofür."
In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" betonte Pistorius, Europa dürfe Griechenland mit der Schengen-Außengrenze nicht alleine lassen: "Schon gar nicht so, wie das jetzt gerade auf dem Balkan im Zusammenspiel mit Österreich passiert." Zudem müsse die EU die Türkei im Kampf gegen die Schlepperkriminalität unterstützen.