Startseite Archiv Nachricht vom 27. Dezember 2015

Evangelische Kirche in Dinklage bringt Einheimische und Flüchtlinge in einem Nähcafé zusammen

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Von Jörg Nielsen (epd)

Dinklage/Kr. Vechta (epd). Zwischen ratternden Nähmaschinen und blubbernden Kaffeemaschinen ist immer wieder ein "Hallo" und lautes Kinderlachen zu hören. An jedem ersten und dritten Donnerstag verwandelt sich der Gemeindesaal der evangelischen Kirchengemeinde in Dinklage in ein internationales Nähcafé. "Hier treffen sieben Nationen zusammen, zum Handarbeiten, zum Reden und - ganz wichtig - um zu lachen", sagt Christel Bollmann, die gemeinsam mit anderen das Nähcafé ehrenamtlich organisiert. Fast 40 Frauen und Kinder sind an diesem Vormittag versammelt, zur Hälfte Frauen aus Dinklage und zur Hälfte Flüchtlinge.

Die Flüchtlingsfrauen stammen aus Afghanistan, dem Irak, aus Syrien und aus den Balkanstaaten. Trotz der Sprachbarrieren könnten sich die Frauen untereinander gut verstehen, sagt Bollmann: "Notfalls mit Händen und Füßen." Außerdem bringe jede etwas zu essen mit, mal einen Kuchen, mal etwas Herzhaftes. "Da kommen wir schnell ins Gespräch."

Die Flüchtlingsfamilien im katholisch geprägten Dinklage leben in einer Flüchtlingsunterkunft des Caritas-Sozialwerkes oder bei den Benediktinerinnen in Kloster Burg Dinklage. Ein Großteil von ihnen stammt aus den Balkanstaaten. Immer wieder blieben einige Frauen unerwartet dem Nähcafé fern, sagt Bollmann. "Das ist dann nicht leicht zu verkraften, wenn einem klar wird, dass die Familie abgeschoben wurde oder freiwillig wieder in ihr Ursprungsland zurückgekehrt ist."

Sireta aus Montenegro kommt regelmäßig. Heute ist ausnahmsweise ihre Tochter Neomija dabei. Obwohl die Familie erst seit einem Jahr in Deutschland lebt, spricht die 13-Jährige fast fließend deutsch. Ihre Mutter sei dankbar für das Nähcafé, weil sie hier neue Menschen kennenlernen könne, übersetzt Neomija. In der Flüchtlingsunterkunft sei sie meist allein. Dann redet die Frau intensiv mit einem ernsten Blick auf ihre Tochter ein und das Mädchen übersetzt: "Meine Mutter sagt: 'Das Wichtigste ist, hier werde ich respektiert.'"

In den Gesprächen zwischen Nähmaschine und Kuchenblech gehe es um die Kinder, um kulinarische Spezialitäten, um Krankheiten, "eben um Alltägliches", sagt Bollmann. Jede Frau habe ihre eigene Geschichte und erzähle auch von der Heimat, vor allem wie schön es dort einmal gewesen sei. Doch über die Fluchtursachen und Fluchterfahrungen werde nur sehr wenig gesprochen. Diese Erinnerungen seien zu frisch und zu schmerzhaft.

"Man darf dem einzelnen Menschen, der bei uns gelandet, gestrandet oder einfach angekommen ist, nicht aus den Augen verlieren und ihm die nötige Hilfe verweigern", sagt Pastor Fridtjof Amling und verweist auf die Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde: Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges gab es in Dinklage keine Protestanten. Dann erreichten die Vertriebenen aus dem Osten die Stadt, unter ihnen auch viele evangelische Christen. Ihr Neuanfang sei schwer gewesen. Die Geflüchteten seien nicht überall freundlich aufgenommen worden.

"Fast jede evangelische Familie in Dinklage hat Fluchterfahrungen in ihrer Geschichte und kann nachempfinden, wie es den Flüchtlingen geht", sagt Christel Bohlmann, deren Eltern aus Ostpreußen nach Dinklage flüchteten. "Uns geht es heute gut, warum sollten wir nicht etwas davon abgeben?"

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