EKD-Synode: Lehren aus Luthers Judenfeindschaft ziehen
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Bremen (epd). Zum 500. Reformationsjubiläum 2017 will die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) weitere Lehren aus der Haltung Martin Luthers (1483-1546) zu den Juden ziehen. Eine Erklärung, die das Synodenpräsidium am Montag dem Kirchenparlament in Bremen vorlegte, distanziert sich von den judenfeindlichen Aussagen der Reformationszeit. Zentrale theologische Lehren der Reformatoren müssten in Theologie und Kirche neu bedacht werden, "ohne dabei in abwertende Stereotype zu Lasten des Judentums zu verfallen".
Das weitreichende Versagen der evangelischen Kirche gegenüber dem jüdischen Volk erfülle mit Trauer und Scham, heißt es in dem Text. Aus dem Erschrecken über theologische Irrwege und dem Wissen um Schuld am Leid der Juden erwachse eine besondere Verantwortung, jeder Form von Judenfeindschaft entgegenzutreten. Das Reformationsjubiläum biete Anlass zur Umkehr und Erneuerung.
Die evangelische Kirche erinnert in zwei Jahren an die Veröffentlichung der 95 Thesen durch Martin Luther. Der 31. Oktober 1517 gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation.
Luthers Judenfeindschaft gilt als große Belastung für die Geschichte der evangelischen Kirche und wird den Schattenseiten im Wirken des Reformators zugerechnet. In Briefen und Schriften hatte sich Luther wiederholt mit den Juden befasst. In einem Brief vom August 1514 stellte sich der Reformator noch hinter den Humanisten Johannes Reuchlin, der sich gegen die Verbrennung jüdischer Schriften wandte. 1523 veröffentlicht Luther die Schrift "Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei". 1538 folgt das Pamphlet "Wider die Sabbather", 1543 die berüchtigte Schrift "Von den Juden und ihren Lügen".
Auch wenn sich keine einfachen Kontinuitätslinien ziehen ließen, "konnte Luther im 19. und 20. Jahrhundert als Kronzeuge für theologischen und kirchlichen Antijudaismus sowie politischen Antisemitismus in Anspruch genommen werden", heißt es in dem Antrag. Erst nach 1945 sei es zu einem Lernprozess hinsichtlich des Versagens der Kirchen gegenüber dem Judentum gekommen. In der Neubestimmung des Verhältnisses zum Judentum habe die EKD jede Form von Judenfeindschaft verworfen. Entsprechende Äußerungen gebe es in den Verfassungen vieler evangelischer Landeskirchen.
Zum Auftakt der Synode hatte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, von der evangelischen Kirche eine deutliche Distanzierung von der Judenmission gefordert. Dieses für die Juden sehr wichtige Thema werde in der Erklärung der Synode "leider sehr vage" behandelt, sagte Schuster in einem Grußwort am Sonntag. Für den christlich-jüdischen Dialog sei es wichtig, dass sich die evangelische Kirche "klar von den antisemitischen Seiten Luthers distanziert".