Gedenken an Reichspogromnacht vor 77 Jahren
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Hannover (epd). Hannovers evangelischer Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann hat die Schändung eines jüdischen Friedhofs in der Stadt scharf verurteilt. "Soll denn niemals Ruhe werden, Frieden und Respekt für die Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland?", sagte er am Samstagabend in der hannoverschen Marktkirche bei einem Konzert zum Gedenken an die Reichspogromnacht am 9. November 1938. Unbekannte hatten in der vergangenen Woche auf einem alten jüdischen Friedhof in Hannover Gräber beschmutzt und mit einem Hakenkreuz beschmiert sowie eine historische Predigthalle beschädigt. Die Polizei geht von einer rechtsextrem motivierten Tat aus.
Viele Juden und Christen sehnten sich heute nach einer Normalität, in der Antisemitismus, Rassismus und Judenhass endlich überwunden seien, sagte Heinemann. "Und dann zeigt sich doch fast Jahr für Jahr wieder diese alte, abgrundtief dumme und gerade darin auch böse Fratze der Hakenkreuz-Schmierer, die unsere jüdischen Freunde ängstigen und beleidigen wollen." Dies habe es bereits 1946 gegeben - nur ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. "Diese Saat wird nicht aufgehen", sagte der Stadtsuperintendent. "Die Schändungen sind frevelhaft, ihre Ziele werden sie in unserer Stadt nicht erreichen."
Bei dem Gedenkkonzert sang der Europäische Synagogalchor unter der Leitung von Professor Andor Izsak eine Vertonung der kompletten jüdischen Sabbat-Liturgie. Zudem erklang eine Lesung aus der hebräischen Torah, den fünf Büchern Mose. Unter den Gästen waren auch Überlebende des Holocaust.
Heinemann nannte es "ein Zeichen der Hoffnung und der neuen Anfänge", dass Juden und Christen heute 77 Jahre nach der Reichspogromnacht wieder gemeinsam Musik aus der Synagoge hören könnten. "Es ist wunderbar, dass wir in geduldiger Begegnung entdecken, wie tief in Wahrheit die Wurzel reicht, in der wir verbunden sind." Dieser Glauben verpflichte in der Gegenwart zugleich zum Einsatz für Flüchtlinge.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 zerstörten Nationalsozialisten überall in Deutschland jüdische Geschäfte und brannten Synagogen nieder, darunter die große Synagoge von Hannover. Die Pogrome bildeten den Auftakt zur gewaltsamen Judenverfolgung.
Gedenkkonzert in der Marktkirche mit dem Europäischen Synagogalchor unter der Leitung von Professor Andor Izsak. Foto: C. Paul