Miteinander schützt vor Überforderung
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Hildesheim. Eine Menge handfester Informationen, aber auch Motivation und Ermutigung konnten die Mitglieder des Kirchenkreistages Hildesheimer Land-Alfeld von einem mehrstündigen Sondertreffen mit nach Hause nehmen. Der Vorstand des Kirchenkreistages hatte zu einem Abend zum Thema „Flüchtlinge in unserer Mitte“ in das Kirchenamt in Hildesheim eingeladen.
In den Kirchengemeinden sind zahlreiche ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeitende mit den vielfältigen Problemen und Fragen durch die Neuankömmlinge in den Ortschaften konfrontiert. Die Bereitschaft zu helfen ist groß, doch es gebe auch Sorgen, sagte der Bisperoder Pastor Peter Frost bei der Begrüßung. Zum Beispiel die, dass die zusätzliche Belastung den Mitarbeitenden auf die Dauer zuviel würde, oder dass andere Bereiche des kirchlichen Lebens zu kurz kämen.
„Die Arbeit mit Flüchtlingen verändert die Kirchengemeinden“, bestätigte Lars-Torsten Nolte vom Haus kirchlicher Dienste der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers: „Aber davor muss niemand Angst haben.“ Ehrenamtliche kämen von sich aus, um sich einzubringen. Menschen würden angesprochen, die bisher wenig Bezug zur Kirche hatten, neue Kooperationen mit anderen Institutionen würden geknüpft. Christliche Nächstenliebe und kirchliche Diakonie würden positiv wahrgenommen. Um die Angst vor dem Fremden zu nehmen und die Geschichte hinter jedem Flüchtling zu sehen, seien persönliche Begegnungen wichtig: „Das können wir als Kirche besonders gut.“
1500 neue Asylanträge in Stadt und Landkreis Hildesheim würden in diesem Jahr erwartet, sagte Kreis-Dezernent Helfried Basse. Trotz der Herausforderungen der vergangenen Wochen – das Übergangsheim in Sarstedt wurde beispielsweise innerhalb von 48 Stunden eingerichtet – gab er sich gelassen und optimistisch: „Wir werden der Lage Herr und kriegen das gut geregelt.“ Es gebe eine Arbeitsgruppe Asyl, Infobroschüren in fünf Sprachen und umfangreiche Informationen im Internet. Wohnungen stünden bis Mitte nächsten Jahres ausreichend zur Verfügung: „Wir wollen dezentrale Unterbringung in den Hauptorten.“
Flächendeckende Sprachkurse für AnfängerInnen und Fortgeschrittene in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule seien geplant und 250000 Euro bereitgestellt, auch um Auslagen von Ehrenamtlichen zu erstatten. Ab dem 1. September wurden in Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden IntegrationshelferInnen eingestellt, weitere 300000 Euro zahle der Landkreis für diese Kräfte. Handlungsbedarf gebe es noch im Bereich Bildung und Schulen, räumte Helfried Basse ein. Aber: „Ich denke, dass wir unseren Job ganz gut machen.“ Nachdem allerdings sieben Züge voller Flüchtlinge in Elze in Empfang genommen und auf Busse verteilt worden seien, müssten jetzt auch mal andere Bahnhöfe angesteuert werden: „Unsere Kräfte sind am Ende.“
Hätten die Menschen nach beschwerlicher, oft gefährlicher Flucht Deutschland erreicht, dauere es noch bis zu drei Monate, ehe sie überhaupt einen Asylantrag stellen könnten, erläuterte Roger Toppel, Flüchtlingsberater beim Asyl e. V. Die rechtlichen Bestimmungen für die Formen des Aufenthaltes, für die Aufnahme von Arbeit oder den Nachzug von Familien seien vielfältig, schilderte Toppel. Rechtsberatung müssten die Mitarbeitenden in den Kirchengemeinden aber auch nicht leisten, beruhigte Lars-Torsten Nolte: „Es gibt Leute, die man fragen kann.“
Mareike Hergesell vom Diakonischen Werk evangelischer Kirchen in Niedersachsen machte auf Fördertöpfe der Landeskirche für Flüchtlingsprojekte der Kirchengemeinden aufmerksam. Die bisher bestehenden bürokratischen Anforderungen wie Projektbeschreibung und Finanzierungsplan sind für die Runden Tische der Ehrenamtlichen allerdings eine erhebliche Hürde.
Mit ihren Berichten aus der Praxis machten Ilona Wewers und Dr. Elke Brüsch aus Bad Salzdetfurth sowie Doris Heil aus Lamspringe Mut. So ist in Bad Salzdetfurth schon vor zwei Jahren ein Runder Tisch entstanden, um den Ängsten und Vorbehalten gegenüber ersten Flüchtlingen aus Afrika durch persönliche Begegnungen und praktische Hilfsangebote entgegen zu treten. Es gebe wohl auch mal Rückschläge, Undank oder Fehler im Umgang mit fremden Kulturen. Aber weit mehr Motivation und Freude durch das Miteinander. „Moslems, Jesiden und orthodoxe Christen feiern gemeinsam Andachten“, sagte Doris Heil.
Am Ende des langen Abends dankten die beiden SuperintendentInnen allen engagierten Ehrenamtlichen und dem Kirchenkreistagsvorstand, der diese Veranstaltung zum richtigen Zeitpunkt umsichtig geplant und ausgestaltet hatte.
Mit großem Interesse hörten die Mitglieder des Kirchenkreistages den Bericht von Kreisdezernent Helfried Basse. Bild: Wiebke Barth