Heimat finden: Was brauchen wir, um anzukommen?
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Hermannsburg. „Togo und Deutschland: ich kann es für mich persönlich nicht mehr trennen.“ Bintou Schmill weiß heute, dass sie zwei Heimaten hat. Wie es dazu kam, das erzählte sie den rund 100 fasziniert Zuhörenden des Missionstages des Ev.-luth. Missionswerkes in Niedersachsen (ELM). Auf Einladung des ELM setzten sie sich unter dem Titel „Heimat verlieren – Heimat finden: Was brauchen wir, um anzukommen?“ im Pentagon der Fachhochschule für interkulturelle Theologie Hermannsburg (FIT) mit einem Thema auseinander, das angesichts der Flüchtlingskrise brandaktuell ist.
„Heute weiß ich es besser: Ich bin eine gestandene Frau“, so Bintou Schmill, die in ihrem Impulsreferat über ihr Ankommen als 13-Jährige in Deutschland über Gefühle wie Heimweh und Einsamkeit ebenso sprach wie über ihre eigene, ganz persönliche Strategie, diese zu überwinden. „Fang einfach mit irgendwas an“, habe sie zu sich selbst gesagt, so die heute selbstbewusste 31-jährige Gymnasiallehrerin, erfolgreiche Boxerin und Sängerin, deren Mutter sie zu ihrer in Deutschland lebenden Großmutter gab. Alles, was einem guttue und man erkenne, wo was fehle und wie man das ersetzen könne, trage dazu bei, anzukommen. Vier Faktoren seien für sie dabei entscheidend: Sozialisationsinstanzen wie Schule, Familie oder Freundeskreise, die eigene Persönlichkeit, der Glaube – denn es sei einfacher, wenn man einen Anker habe – und der Glaube an die Menschen, die einen geschickt hätten und deren Antrieb die Hoffnung gewesen sei.
Um kulturelle Missverständnisse, die Bedeutung interkultureller und interreligiöser Begegnungsmöglichkeiten, die Bedeutung von Sprache und das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Traditionen ging es dann in der anschließenden Podiumsdiskussion unter Leitung der Hermannsburger Bundestagsabgeordneten Kirsten Lühmann. Bintou Schmill, Pastor David Long Hoang von der vietnamesischen Gemeinde in Hannover, Ralf Meister, Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und Rolf Meyer vom Runden Tisch Hermannsburg standen zu den Schwierigkeiten, aber auch Chancen von Migration Rede und Antwort. Dabei wurde nicht zuletzt die Bedeutung des persönlichen Kontaktes hervorgehoben, aber auch das Bemühen beider Seiten, offen aufeinander zuzugehen und sich mit der jeweils anderen Kultur, Religion und Tradition auseinanderzusetzen.
In einzelnen Gruppenarbeiten wurde dann das Thema noch einmal vertieft, indem Praktikerinnen und Praktiker aus der Gemeinde- und Partnerschaftsarbeit sowie von Willkommensinitiativen ihre Arbeit vor Ort vorstellten. „So entscheidet sich an unserem Umgang mit den Flüchtlingen, ob Gottes Verheißung lebt“, sagte Ralf Meister dann in seiner Predigt im Abschlussgottesdienst zum diesjährigen Missionstag des ELM. Ausgehend von Gottes Verheißung an Abraham, wenn dieser sein Vaterland verlasse (1. Mose 12,1-3), fragte Meister angesichts der Flüchtlinge, die aktuell nach Deutschland kommen, ob es sein könne, dass „wir Kronzeugen für die biblische Verheißung sind“. Meister warf in seiner Predigt die Frage auf, ob es nicht christliche Pflicht sei, dass diese Verheißung für die Menschen, die kämen, hier Realität werde. „Sind wir nicht gesegnet, wenn wir unsere Türen gastfreundlich öffnen?“, so Meister. Meisters Predigt war Aufforderung und Ermutigung zugleich und brachte den Tag auf den Punkt.
Der Tag wurde abgerundet durch den Runden Tisch Migration Südheide, der alle Interessierten, Freunde und Bekannten zum Kaffeetrinken ins Pentagon einlud. Neben Kaffee und Kuchen gab es die Gelegenheit, mit Flüchtlingen und Mitgliedern des Runden Tisches Migration Südheide und vielen anderen ins Gespräch zu kommen.
ELMDiskussionsrunde beim Missionstag in Hermannsburg. Bild: ELM