Startseite Archiv Nachricht vom 09. September 2015

Telefonseelsorge: Suizid wird zu oft tabuisiert

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epd-Gespräch: Charlotte MorgenthalBraunschweig (epd).

Der Suizid ist nach Ansicht des Leiters der Braunschweiger Telefonseelsorge, Christian Kohn, in Deutschland noch zu häufig ein Tabuthema. In Familien werde nicht darüber geredet, von Suizidgedanken geplagte Menschen wüssten oft nicht, an wen sie sich wenden sollten, sagte der evangelische Theologe am Rande eines Aktionstags in Braunschweig dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir bräuchten mehr Aufklärung, Hilfsangebote müssen bekannter gemacht werden."

Der Aktionstag "Euer Leben ist unsere Zukunft - Niemand bringt sich gerne um" wurde anlässlich des Welttags zur Suizidprävention (10. September) vor dem Braunschweiger Dom veranstaltet. Jedes Jahr sterben bundesweit rund 10.000 Menschen durch Suizid, außerdem zählt die Statistik rund 100.000 Suizidversuche.

Am meisten betroffen seien die 14- bis 29-Jährigen und Senioren ab 58 Jahren, sagte Kohn. "Wir müssen auch in der Gesellschaft gucken, welche Ansprüche wir an Menschen am Anfang und Ende des Lebens stellen." Die Jüngeren litten häufig unter Zukunftsangst, familiären Spannungen oder Versagensängsten in der Schule und im Beruf. Bei den Älteren seien oft der Wegfall der täglichen Arbeit und die Einsamkeit einschneidende Erlebnisse.

Prominente Fälle, wie etwa der Suizid des Nationaltorhüters Robert Enke im Jahr 2009, trügen hingegen nicht zur Abschreckung bei. "Im Gegenteil, es ist eher problematisch, weil sich Menschen auf die gleiche Weise das Leben nehmen." Diejenigen mit konkreten Absichten, planten ihren Suizid sehr häufig im Verborgenen. "Angehörige fallen oft nach dem Tod aus allen Wolken und machen sich Vorwürfe, dass sie nichts bemerkt haben."

Über die Probleme zu reden, sei daher oft schon der erste Schritt, betonte der Seelsorger. Jährlich wählten rund 125.000 Menschen die bundesweite Nummer der Telefonseelsorge, weil sie suizidale Gedanken hätten. Die Aufgabe der Berater sei dann, deren Absichten ernst zu nehmen und nach den Gründen zu fragen. "Die Menschen möchten verstanden werden", sagte Kohn. Das helfe zwar nicht immer, aber sehr oft. In den meisten Fällen wollten die Menschen weiterleben, aber nicht unter ihren akuten Lebensbedingungen.

Der Welttag zur Suizidprävention wurde das erste Mal im Jahr 2003 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgerufen. Mehr als 800.000 Menschen nehmen sich den Angaben der WHO zufolge jedes Jahr das Leben. Zudem verübten mehrere Millionen Menschen pro Jahr einen Suizidversuch. Etwa drei von vier Fällen ereigneten sich in ärmeren Staaten. Die WHO-Mitgliedsländer hatten 2008 beschlossen, eine Verringerung der Suizidraten um zehn Prozent bis 2020 anzustreben.

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