Ein Herz fürs Bunte und Vielfältige
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Hildesheim-Sorsum. „Sehe ich aus wie ein schräger Vogel“, fragt Ulrich Stoebe mit einem verschmitzten Grinsen in die Runde. Nein, sind alle einig, so wie er da steht, mit Schlips und Jackett, macht der Direktor der Diakonie Himmelsthür einen ganz normalen Eindruck. Er öffnet mit vielsagendem Blick eine rote Tasche und holt eine venezianische Maske hervor, die er sich vor das Gesicht hält. Und jetzt? Normal ist das nicht mehr. „Was ist denn besser?“, will Stoebe wissen. Die Meinungen im Publikum sind gespalten. Doch was auch immer man besser findet: „Wie arm und langweilig“, so der evangelische Pastor, „wäre unser Leben ohne schräge Vögel.“
Das ganze Sommerfest der Diakonie Himmelsthür steht in diesem Jahr unter dem Zeichen des Schrägen, Bunten, Vielfältigen. Regionalgeschäftsführerin Judith Hoffmann ist als halber Wandervogel mit zwei verschiedenen Schuhen gekommen, Pressesprecherin Ute Quednow ist ein farbenfroher Paradiesvogel mit eigenwilligem Hut, den sie selbst gebastelt hat, und auch Ulrich Stoebe hat das Jackett und die Krawatte gleich wieder abgelegt. Viele sind mit speziellen Outfits da; wer nachträglich mithalten möchte, kann sich in der Luisenboutique neu einkleiden und schminken lassen.
Inspiriert wurde die schräge Party, zu der im Laufe des Nachmittags rund 1000 Menschen auf den Sorsumer Finkenberg kommen, vom Hildesheimer Stadtjubiläum. „Es gab in der 1200-jährigen Geschichte Hildesheims immer schräge Vögel“, sagt Judith Hoffmann. Bettler, Aussätzige, Hexen, Wohnungslose und andere, die aus dem Rahmen fielen. Das Anderssein machte sie zu Randgruppen. „Das möchte wir in diesem Jahr gerne ändern“, kündigt Judith Hoffmann an. Ändern heißt: Die Vielfalt soll erhalten bleiben, doch die Randgruppen werden in die Mitte der Gesellschaft eingeladen. So sucht die Diakonie Himmelsthür mit dem Sommerfest und in weiteren Aktionen unter dem Titel „1200 Hildesheimer Gestalten“ Toleranzbotschafter und -botschafterinnen und Toleranzorte.
Die Vielseitigkeit prägt auch das Programm des Festes. Auf der Bühne ist Platz für die wuchtigen, über den ganzen Platz dröhnenden Trommelschläge der Gruppe Nanami Daiko und genauso für die Mini Diddl’s, die jüngste Tanzgruppe des SV Teutonia Sorsum. Flamenco Almancar, Pop-Hits von „barner 16“, swingende Evergreens mit der Querflöten-Formation „Flying Flutes“ – all das hat neben Spiel- und Infoständen, Kunsthandwerk und Flohmarkt der Bewohnerinnen und Bewohner sowie vielen anderen Angeboten seinen Platz.
Den roten Faden bilden jedoch Prämierungen auf Bühne 2: Dort kürt eine Jury der Freunde der Diakonie Himmelsthür stündlich die besten Vogel-Zeichnungen, und gleich darauf wählt eine andere Jury die schönsten schrägen Vögel aus Fleisch und Blut aus. Für die Gewinnerinnen und Gewinner gibt es Medaillen und eine Portraitsitzung mit dem Karikaturisten Vitali Schreiber, und alle erhalten eine Urkunde. Es ist eine Auszeichnung der besonderen Art: „Du bist ein echt schräger Vogel“ steht darauf.
Ralf Neite / Kultur und KommunikationSchräge Vögel allenthalben, manche sogar auf Stelzen. Bild: Neite