Gottesdienst im Bauernhaus - Gemeinde feiert Jubiläum ihrer Kirche, die einst auch Vieh beherbergte
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Deutsch-Evern/Kr. Lüneburg (epd). Wo der Altar steht, war eine Feuerstelle. Wo Gottesdienstbesucher singen und beten, wurde das Vieh gefüttert. Die evangelische Kirchengemeinde in Deutsch-Evern feiert an diesem Sonntag das 350. Jubiläum des Hauses, das seit 1989 ihre Martinuskirche ist. Im Jahr 1665 erbauten Hans Heitmann und Anna Meyers das Bauernhaus in dem Dorf bei Lüneburg. Während heute mancherorts Kirchen entwidmet und zu ganz anderen Zwecken genutzt werden, ging die Gemeinde damals den seltenen umgekehrten Weg und machte das Zweiständerhaus zu ihrer Kirche.
"Ähnliche Beispiele gibt es nur wenige", sagt der Sprecher der hannoverschen Landeskirche, Johannes Neukirch. Baudirektor Werner Lemke kann in der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland gerade mal zwei weitere aufzählen. Im Heideort Munster dient ein früherer Schafstall seit 1988 als Kirche. Eine noch ungewöhnlichere Vorgeschichte hat die evangelische Auferstehungskirche in Hambühren bei Celle, die einzige noch benutzte "Bunker-Kirche" Deutschlands.
Sie war in den 1930er Jahren als Munitionshalle der streng geheim gehaltenen Munitionsabfüllungslage Hambühren II errichtet worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg suchten Flüchtlinge eine neue Heimat in Hambühren und bauten Bunker auch zu Wohnhäusern aus. Wachsende Gemeinden machten oftmals die alternativen Kirchen notwendig, wie es sie weiter im Norden mit Bauernhofkirchen auch in Kiel-Russee und Hamburg-Harburg gibt.
Deutsch-Evern, früher Teil der Lüneburger St.-Johannis-Gemeinde, war 1987 selbstständig geworden. "Das Gemeindehaus war zu klein für den Gottesdienst", erinnert sich der damalige Kirchenvorstandsvorsitzende Gerhard Tödter. Da fiel der Blick des früheren Pastors auf das Bauernhaus, das halbverfallen einige hundert Meter vom heutigen Kirchplatz entfernt stand.
Tödter gehörte zu denjenigen, die mit angefasst haben, um das sogenannte Zweiständerhaus mit zwei tragenden Balkenreihen zu versetzen. "Wir haben die Steine aus den Gefachen herausgenommen, sie geputzt, sortiert und nummeriert", erinnert er sich. Unter Denkmalschutzauflagen und Anleitung eines Architekten sei das Haus dann auf dem heutigen Kirchplatz wieder aufgebaut worden. "An der Eingangsseite haben wir oben ein Kreuz gesetzt", sagt Tödter, der auch der Landessynode der hannoverschen Kirche angehört: "Das ist eine der wenigen Veränderungen."
Im Inneren strahle die Kirche eine heimelige Atmosphäre aus, sagt Tödter. "Wie in einer großen Wohndiele." Eine Diele mit Besonderheiten. So hat der Künstler Friedrich Press (1904-1990) den Altarraum ausgestaltet. Ein Schmuckstück ist auch der barocke Taufstein aus dem Jahr 1685. Für Gemeindepastor Frank Mertin ist es die Nähe zu den Menschen, die seine Kirche auszeichnet: "Ich kann die Gesichter erkennen, bis in die letzte Reihe." Zum Jubiläum hat die Gemeinde ein Projekt vollendet, an dem wie damals beim Umsetzen des Bauernhauses viele mitgewirkt haben. Vom Grundschüler bis zur Seniorin haben sie Teile der Lutherbibel abgeschrieben und eine eigene "Martinus-Bibel" gestaltet.
Copyright: epd-Landesdienst Niedersachsen-BremenMartinuskirche Deutsch Evern; Bild: Martinuskirche