Netzwerktreffen Kirche im Tourimus in Engerhafe
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Engerhafe. Auf Einladung von Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr trafen sich rund 30 Interessierte und Akteure aus den Bereichen Touristik und Kirche im Tourismus in Engerhafe. Dabei geht es einmal im Jahr um einen Informationsaustausch und Begegnung an für den Tourismus interessanten Orten.
Diesmal stand die Frage im Vordergrund, wie mit Orten des Schreckens in touristischem Umfeld umzugehen sei. „Wie gehen wir in der Region mit den Schauplätzen des Gedenkens um und wie können sie in das Angebot für Touristen eingebaut werden?“ Mit diesen Fragen eröffnete Pastor Hartmut Schneider aus Aurich, Referent für Kirche im Tourismus im Haus kirchlicher Dienste der Landeskirche Hannovers, den Nachmittag.
Der Verein Gedenkstätte KZ-Engerhafe präsentiert seit dem Jahr 2011 eine Ausstellung im Alten Pfarrhaus. Damit wird an das ehemalige Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme und die 188 Toten erinnert, die in den acht Wochen vom 21. Oktober bis zum 22. Dezember 1944 in Engerhafe ums Leben kamen. „Wenn man nicht zurückblickt, wird man rücksichtslos“, fasste der Vorsitzende des Gedenkstättenvereins, Pastor i.R. Carl Osterwald, die Bedeutung der Gedenkstätte in wenigen Worten zusammen. Es sei eine großartige Kulturleistung, dass der Satz „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg festgehalten worden sei. Dies werde in der Gedenkstätte Engerhafe deutlich. Dort sehe man, was geschieht, wenn im Zeichen der Gewalt gehandelt werde.
„Das KZ-Gelände war mitten im Dorf! Täglich begegneten die Dorfbewohner dem Elend!“, sagte Osterwald. Er erzählte davon, unter welch menschenunwürdigen Bedingungen die 2000 Inhaftierten in Engerhafe in den Baracken zwischen dem Schul- und Kirchengelände untergebracht waren, um rund um Aurich einen Panzergraben auszuheben. Auch die Auricher Bevölkerung habe dies Elend damals täglich gesehen, als die KZ-Häftlinge durch die Hauptstraße Aurichs zu ihren Arbeitsplätzen gingen.
„Es gab die Zeit, dass keiner darüber reden wollte“, sagte Herbert Müller vom Gedenkstättenverein. So habe es erst 2008 eine erste größere Gedenkveranstaltung in Engerhafe gegeben und in kürzester Zeit seien 1500 Besucher gekommen. Daraufhin habe sich 2009 der Verein gegründet. „Wir sind überrollt vom Interesse und haben die Vision einer zuverlässig geöffneten Gedenkstätte“, so Müller, der mittlerweile rund 100 Bilder zu dieser Thematik gemalt hat und sich seit zwanzig Jahren in der Gedenkstättenarbeit engagiert.
Nach dem Gedenken an den Gräbern mit der Ortspastorin Anika Langer und der Besichtigung der Ausstellung berichtete Pastor Hanno Billerbeck aus Hamburg über die kirchliche Gedenkstättenarbeit in Neuengamme. Nach der Einrichtung der Gedenkstätte in Neuengamme im Jahr 1981 sei es durch das Engagement des Ortspastoren der kleinen Dorfgemeinde zu einer Pfarrstelle für kirchliche Gedenkstättenarbeit gekommen. So können die Besucher der Gedenkstätte seelsorgerliche Begleitung erfahren und zu einer theologisch und historisch begründeten Auseinandersetzung mit den nationalsozialistischen Gewaltverbrechen angeregt werden.
Auf die Frage, wie der Ort des Gedenkens von der Tourismusbranche gesehen werde, antwortete Margret Sutorius, Geschäftsführerin der Südbrookmerland-Touristik-GmbH, sie sehe diesen Ort als Chance und eine Möglichkeit, auf einen Teil unserer Geschichte hinzuweisen. Sie würde es sehr befürworten, wenn der Ort auch für Schulklassen und Jugendliche gezeigt werden könnte. „Bei unseren Gästen ist das Interesse groß, sich auch mit der dunklen Vergangenheit zu beschäftigen“, merkte Marco Bordasch vom Auricher Verkehrsverein an und wies darauf hin, dass er selbst es so an der KZ-Gedenkstätte in Buchenwald bei Weimar erlebt habe.
Ansprechpartner und verlässliche Zeiten seien allerdings wichtig. „Wir bieten für Touristen viele Orte, die sie aufsuchen können. Solche Gedenkstätten kommen bislang dabei zu kurz und sollten ins Angebot mit aufgenommen werden“, sagte Holger Kohls, Geschäftsführer der Nordsee GmbH.
Der leitende Referent für „Kirche im Tourismus“ im Haus kirchlicher Dienste, Klaus Stemmann, war aus Hannover angereist und beendete das Netzwerktreffen mit einem Reisesegen.
Hannegreth Grundmann/Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Sprengel Ostfriesland-EmsBeim Netzwerktreffen „Kirche im Tourismus“ mit Pastor i.R. Carl Osterwald und Herbert Müller (7. u. 6. v. rechts) vom Verein KZ-Gedenkstätte Engerhafe am Alten Pfarrhaus in Engerhafe trafen sich unter anderem die beiden Superintendenten der Kirchenkreise Aurich und Norden, Tido Janssen und Dr. Helmut Kirschstein (4. u. 3. v. rechts), die für Kirche im Tourismus zuständigen Referenten aus Aurich und Hannover, Hartmut Schneider (8.v.r.) und Klaus Stemmann (hinterste Reihe 12.v.r.), Kurdirektor Andreas Eden aus Neuharlingersiel (8.v.l.), Holger Kohls, Geschäftsführer der Nordsee GmbH, Marco Bordasch vom Auricher Verkehrsverein und Margret Sutorius, Geschäftsführerin der Südbrookmerland-Touristik-GmbH (4. bis 6. v. links). Foto: Hannegreth Grundmann