Pastor: Kirchenasyl ist Akt der Nächstenliebe
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epd-Gespräch: Matthias Freytag
Hannover (epd). Rund 230 Kirchengemeinden in Deutschland gewähren zurzeit nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" etwa 410 Menschen Kirchenasyl. Eine davon liegt in der Nähe von Hannover. Seit mehr als acht Monaten beherbergt und versorgt die evangelische Gemeinde einen Afrikaner, um dessen drohende Abschiebung zu verhindern. "In Deutschland gibt es für Flüchtlinge kaum noch Freiräume", sagte der Ortspastor. "Da bleibt bisher nur der Kirchenraum", erläutert er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd), das auf seinen Wunsch anonymisiert wurde.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte angekündigt, die Abschiebefrist für Dublin-III-Flüchtlinge in einem Kirchenasyl von sechs auf 18 Monate verlängern zu wollen, wenn diese über einen sogenannten sicheren Drittstaat nach Deutschland gekommen sind. Diese Fristverlängerung wäre für seine Gemeinde nicht tragbar, betonte der Pastor. Dafür würde entweder eine an die Kirche angeschlossene Einliegerwohnung oder ein leerstehendes Pfarrhaus gebraucht. Zurzeit wohne der Flüchtling im Konfirmandenraum. "Das ist nicht nur für die Kirchengemeinde eine Herausforderung, sondern vor allem für den Flüchtling belastend", berichtete der Theologe.
Der Afrikaner sei zunächst über Italien eingereist. Er müsse befürchten, wieder in seine Heimat abgeschoben zu werden. Die Kirchengemeinde wolle ihn deshalb auch weiterhin beherbergen, sagte der Pastor: "Jeder normaldenkende Mensch würde so handeln, wenn er hörte, was der Mann in seiner Heimat erleben musste."
Der Gemeindepastor vermutet, dass die Pläne des Bundesinnenministers die fehlende Kontrolle über den Kirchenraum beenden sollen. Er betonte, dass seine Kirchengemeinde das niedersächsische Innenministerium von Anfang an über das "stille Kirchenasyl", wie er es nennt, benachrichtigt habe. Seine Gemeinde wolle mit der Beherbergung des Flüchtlings nicht provozieren. "Es geht nur um die konkrete Person, der wir hier Schutz bieten möchten. Wir haben seelsorgerliche Gründe, es ist ein Akt der Nächstenliebe." Schon in der Bibel werde von Asylstätten berichtet, in denen Menschen vorübergehend gesicherten Schutz erhielten.
Nach sechs Monaten habe der Mann in Deutschland noch kein Asylverfahren erhalten. Da die rechtlichen Hintergründe immer noch ungeklärt seien, gelte der einst erteilte Abschiebebescheid weiterhin uneingeschränkt.
Der Vorstoß aus Berlin habe die lokalen Absprachen ziemlich durcheinandergebracht, erläutert der Pastor. Ohne die offenherzige Unterstützung durch Kirchenmitglieder, Ärzte und Kommunalpolitiker wäre seine Unterbringung und Versorgung nicht möglich. Der Afrikaner lerne inzwischen Deutsch und möchte im Ort bleiben. Dort herrsche große Solidarität mit dem Flüchtling.