Startseite Archiv Nachricht vom 26. Februar 2015

Migrationsforscher warnen vor Dramatisierung von Flüchtlingszahlen

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Osnabrück (epd). Forscher warnen davor, die hohen Flüchtlingszahlen in Deutschland zu dramatisieren. "Die Dramen und Katastrophen finden andernorts statt. Zum Beispiel im kleinen Libanon, der mit seinen vier Millionen Einwohnern alleine eine Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen hat", sagte der Direktor des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der Universität Osnabrück, Andreas Pott, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitagsausgabe).

Die Zahlen für Deutschland seien weder erstmals so hoch, noch hätten sich die Prognosen für das vergangene Jahr erfüllt. Während für 2014 zeitweise weit über 200.000 Flüchtlinge prognostiziert worden seien, habe die Zahl der Asylanträge durch hinzukommende Erstantragsteller am Jahresende bei 173.000 gelegen: "Dies entspricht nicht einmal 0,3 Prozent der Bevölkerung eines der reichsten Länder der Erde. Rechtfertigt dies eine Überforderungs- und Katastrophenrhetorik?"

Pott prangerte eine "ebenso schäbige wie schändliche europäische Festungspolitik" an. Statt einer umfassenden und europäisch koordinierten Flüchtlingspolitik werde auf Abwehr und Abschreckung gesetzt. Und wenn Flüchtlinge nach Deutschland kämen, sei der Umgang mit ihnen "nicht nur moralisch fragwürdig, sondern auch migrationspolitisch kurzsichtig".

Asylbewerber würden vielerorts ausgegrenzt, ihre Qualifikationen und Potenziale der Flüchtlinge lägen brach. "Sie werden nicht integriert, sondern separiert", kritisierte der Experte. "Viel zu oft werden sie künstlich schwach gehalten, statt gestärkt zu werden", so etwa durch Arbeitsverbote oder die Unterbringung in "peripher gelegenen und unwürdigen Sammelunterkünften".

Der Wissenschaftler kritisierte zudem, dass Flucht gegenwärtig als Ausnahmeereignis dargestellt werde. "Die Migrationsgeschichte und die Krisenhaftigkeit unserer globalisierten Welt lehren aber, dass Flucht etwas ist, das immer wieder geschieht", sagte Pott. "Wir sollten auch in Zukunft mit Fluchtbewegungen rechnen und uns auf sie einstellen."

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