Startseite Archiv Nachricht vom 19. Februar 2015

Paritätischer: Armut wächst trotz florierender Wirtschaft

Die Darstellung der Archivmeldungen wird kontinuierlich verbessert. Sollten Sie Fehler bemerken, kontaktieren Sie uns gerne über support@systeme-e.de

Hannover/Bremen (epd). Obwohl die Wirtschaft floriert und die Arbeitslosigkeit sinkt, wächst in Deutschland die Armut. Das geht aus dem aktuellen Bericht zur regionalen Armutsentwicklung hervor, den der Paritätische Wohlfahrtsverband am Donnerstag in Berlin vorgelegt hat. Bundesweit stieg die Armutsquote danach im Jahr 2013 von 15 auf 15,5 Prozent und damit auf einen neuen Höchststand. Die Landesarmutskonferenz in Niedersachsen kritisierte am Donnerstag: "Die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich nimmt immer skandalösere Ausmaße an."

Die Diakonischen Werke in Niedersachsen und Bremen warnten mit Blick auf die Zahlen vor einer zunehmenden Altersarmut. Immer mehr ältere Menschen suchten Hilfe in Beratungsstellen, sagte der Sprecher des Diakonischen Werkes in Niedersachsen, Christoph Künkel. "Ein großes Problem sind dabei auch unterbrochene Erwerbsbiografien, denn sie führen zu geringen Renten." Dies betreffe besonders Alleinerziehende und Menschen, die ihre Eltern pflegen.

Der Bremer Diakoniepfarrer Manfred Meyer sieht in einer steuerfinanzierten Rente von mindestens 900 Euro im Monat einen Lösungsansatz gegen die zunehmende Altersarmut. Vor allem in Bremen müsse trotz der bisherigen Bemühungen des Senats noch mehr getan werden. Nirgendwo in Deutschland leben nach dem aktuellen Bericht so viele arme Menschen wie im kleinsten Bundesland.

In Niedersachsen nahm demnach die Armutsquote leicht auf 16,1 Prozent zu. Die Schere zwischen armen und wohlhabenden Bundesländern hat sich weiter geöffnet. In Bremen muss jeder vierte Einwohner nach den Daten von 2013 zu den Armen gerechnet werden (24,6 Prozent).

Insbesondere in den benachteiligten Stadtteilen seien deshalb zusätzliche Anstrengungen nötig, sagte Diakoniepfarrer Meyer. Dazu gehöre der Ganztagsanspruch auf einen Krippen- oder Kindergartenplatz für Arbeitslose und eine Grundsicherung für Kinder. Zudem müsse die sozialversicherungspflichtige öffentlich geförderte Arbeit ausgebaut werden. "In Bremen gibt es seit Jahren eine Gruppe von rund 29.500 Langzeitarbeitslosen, die auch durch eine positive Entwicklung des Arbeitsmarktes keine Chance auf eine Beschäftigung haben", sagte Meyer.

Besonders von Armut gefährdet sind dem neuen Armutsbericht zufolge mit 43 Prozent die Alleinerziehenden. Der Paritätische Gesamtverband warnt zudem vor einer deutlich steigenden Altersarmut. Sie sei seit 2006 um 48 Prozent gewachsen und werde 2015 erstmals über dem Durchschnitt aller Bevölkerungsgruppen liegen.

Die niedersächsische Landesarmutskonferenz kritisierte, eine steigende Zahl von Menschen sei arm trotz Arbeit. "Hartz IV hat prekäre Beschäftigung deutlich ausgeweitet", sagte ein Sprecher. In Niedersachsen seien mehr als 800.000 Menschen in solchen Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Das seien 200.000 mehr als vor der Einführung von Hartz IV vor zehn Jahren. Zur Landesarmutskonferenz gehören Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaften sowie weitere soziale Verbände und Initiativen.

Zur Berechnung der Armutsquoten werden Personen in Haushalten gezählt, deren Einkünfte weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens betragen. 2013 lag die so errechnete Armutsschwelle für einen Single-Haushalt in Deutschland bei 892 Euro im Monat und für zwei Erwachsene mit zwei Kindern bei 1.873 Euro.

Copyright: epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen