Expertin: Gemeinden werden trotz Hürden weiterhin Kirchenasyl gewähren
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epd-Gespräch: Martina Schwager
Hannover (epd). Das Netzwerk Asyl in der Kirche hat Pläne des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge kritisiert, Menschen im Kirchenasyl künftig als Untergetauchte zu betrachten. Die damit verbundene Verlängerung der Abschiebefrist solle ein Kirchenasyl für die Schutz bietenden Gemeinden offenbar möglichst unangenehm machen, sagte die Sprecherin des ökumenischen Netzwerkes in Niedersachsen, Hildegard Grosse, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Das wird der Behörde aber nicht gelingen."
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg hatte angekündigt, dass Menschen, die von einer Abschiebung in ihr europäisches Ersteinreiseland bedroht seien und im Kirchenasyl Zuflucht suchten, demnächst als "flüchtig" oder "untergetaucht" gelten sollten. Der Plan ist umstritten. Mit ihm hätten die Behörden 18 statt bislang sechs Monate Zeit, Asylbewerber in die sogenannten sicheren Drittstaaten zurück zu schicken. Nach Ablauf dieser Frist wäre Deutschland für das Asylverfahren zuständig. Für die Betroffenen ist das Kirchenasyl oft die letzte Chance, einer bereits terminierten Abschiebung in das Ersteinreiseland zu entgehen.
Immer wieder hätten ihr Ehrenamtliche und Pastoren davon berichtet, wie bereichernd sie auch ein über Monate währendes Kirchenasyl empfunden hätten, betonte Grosse: "Das stärkt den Zusammenhalt der Gemeindemitglieder untereinander und die Integration der Flüchtlinge." Ende der 90er Jahre sei es völlig normal gewesen, dass Gemeinden Kirchenasyl gewährt hätten, ohne zu wissen, wie lange es dauert. Damals habe es sogar Aufenthalte von bis zu zwei oder drei Jahren gegeben. Deshalb sei sie zuversichtlich, dass sich auch künftig genügend Kirchengemeinden dazu entschließen werden, von Abschiebung bedrohten Menschen Schutz zu gewähren.
Grosse bezeichnete die Pläne des Bundesamtes als völlig überzogen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche wisse von derzeit etwa 200 Kirchenasylen mit rund 360 Personen in ganz Deutschland. Selbst wenn die tatsächlichen Zahlen noch etwas darüber liegen sollten, seien sie verglichen mit der gesamten Zahl der Flüchtlinge sehr gering: "Ich verstehe gar nicht, dass man darum so einen Aufschrei macht." Zudem könne von einem "Untertauchen" gar nicht die Rede sein. Der Aufenthaltsort von Flüchtlingen in einem Kirchenasyl sei den Behörden immer bekannt.
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