Wer freundlich redet, macht sich Freunde

Andacht zum 3. Sonntag nach Trinitatis
Blick aus einem Bahnabteil. Die Umgebung rauscht am Fenster vorbei.
Bild: Pixabay

Der Autor

Ein älterer Mann mit grauen Haaren und Brille. Er trägt einen roten Pullover über dem Hemd.
Bild: privat
Ernst Kampermann

Ernst Kampermann ist Geistlicher Vizepräsident in Ruhe.

An jenem Morgen fahre ich wie immer mit der Straßenbahn zum Dienst. Und wie jeden Morgen sind da Mitfahrende. Die sitzen fast alle schweigend da, mit festem Blick auf ihre Smartphones. An einer Station stürmt ein Schwarm von Kindern und deren Begleiterin in den Wagen, Jungen und Mädchen. Im Nu passen sechs oder sieben von denen auf die drei freien Plätze neben mir.

Wir sehen uns an, und ich frage: „Woher kommt Ihr denn jetzt?“ – „Wir waren bei einer Mathe-Olympiade, in einer Schule.“ – „Das ist interessant! Hattet Ihr Erfolg?“ – „Ja, wir waren gut.“ – „Und was macht Ihr jetzt?“ – „Jetzt fahren wir in unsere Kita. Und was machst Du?“ – „Ich fahre in mein Büro.“ – „Und was machst Du da?“ – „Ich arbeite da für Kinder wie Euch und für Jugendliche. Daran, was ihnen für ihr Lernen und Leben helfen kann.“

Gerade fahren wir an einer mir bekannten Kita vorbei. Deretwegen hatte ich einige Male Ärger. Davon erzähle ich: „In der Kita da wurde nachts manchmal eingebrochen. Diebe hatten nach Geld gesucht. Wenn der nächtliche Wachdienst einen Einbruch entdeckt hatte, wurde ich mitten in der Nacht telefonisch geweckt. Ich sollte den Schaden beurteilen. Geld war aber gar nicht da. Einmal hat ein Dieb mit roter Farbe an die Wand gesprüht: „Scheiße, kein Geld.“ Den Satz haben wir stehen lassen, für nächste Fälle.“ – „Warum bewacht die Polizei nicht alle Kitas?“ – „Denkt mal nach, wie viele Kitas es in unserer Stadt gibt. So viele Polizistinnen und Polizisten stehen gar nicht zur Verfügung. Das würde nicht machbar sein.“ Nun entspannt sich eine Debatte darüber, was denn helfen könnte.

Irgendwann muss ich aussteigen. Die Kinder fahren weiter. Ich verabschiede mich: „Macht’s gut miteinander!“ – Darauf einer der Jungen: „Vielen Dank für das interessante Gespräch!“ Offenbar niemand sonst im Wagen, fixiert aufs Smartphone, hat etwas von unserer Unterhaltung mitgekriegt. Mein Erlebnis und der nette „Nachruf“ haben mich damals den ganzen Tag beglückt. Wieder hatte sich ein altes Bibelwort (Sirach 6, 5a) bestätigt: „Wer freundlich redet, der macht sich viele Freunde.“

Amen.

Biblischer Text,
Sirach 6,5a
Wer freundlich redet, der macht sich viele Freunde.
Ernst Kampermann