Startseite Archiv Bericht vom 31. Mai 2013

Umwelt-, Bauausschuß: Biogasanlagen

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Für den Umwelt und Bauausschuss beschäftigte sich die Synodale des Sprengels Ostfriesland Dr. Bettina Siegmund in ihrer Einbringungsrede des synodalen Aktenstückes 119 mit den Chancen und Grenzen der Bioenergie am Beispiel der Biogasproduktion.

Den Anstoß zu diesem Aktenstück gab eine Eingabe des Kirchenkreises Rhauderfehn, die auf der 10. Tagung der Landessynode im Juni vergangenen Jahres dem Umwelt- und Bau-Ausschuss zur Beratung überwiesen wurde.

Die Eingabe des Kirchenkreises Rhauderfehn setzte sich kritisch mit der Nutzung von Biomasse zur Energiegewinnung und insbesondere mit dem Anbau von Energiepflanzen und deren Folgen auseinander und bat um eine Stellungnahme der Landeskirche dahingehend, sich gegen die Verwendung von Lebensmitteln zur Herstellung von Agrokraftstoffen sowie eine weitere Subventionierung von Biogasanlagen auszusprechen.

Siegmund hielt die Notwendigkeit der Energiewende angesichts des Klimawandels für unstrittig. Immerhin wolle Deutschland die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 1990 um 40% senken. Erneuerbare Energien sollten zu einer tragenden Säule der Energieversorgung ausgebaut werden. Weiterhin stelle die Gewinnung von Energie aus Biomasse nach dem Energieeinspeisungsgesetz (EEG) einen wichtigen Baustein der regenerativen Energieerzeugung dar. Dabei nehme das Land Niedersachsen eine Schlüsselrolle der regenerativen Energieerzeugung ein, führend nicht nur in der Windenergie, sondern auch in der Biogasproduktion.

Aber: könne bei dieser Form der Energiegewinnung tatsächlich von Nachhaltigkeit geredet werden, fragte Siegmund. Mit dem rasanten Zuwachs an Biogasanlagen gerade in Niedersachsen mehrten sich die kritischen Anfragen. Biogas könne den Einsatz fossiler Brennstoffe nur minimieren, nicht vollständig ersetzen, da für Anbau, Ernte und Transport der Biomasse nach wie vor fossile Energieträger benötigt würden. Sie sei also langfristig nur eine Brückentechnologie.

Es bleibe festzuhalten, dass Biogas im Zusammenspiel mit anderen regenerativen Energien einen wertvoll Beitrag zur Energieerzeugung leiste. Sie sei eine speicherfähige Energie, die auch dann zur Verfügung stehe, wenn durch Sonne und Wind kein Strom produziert werden könne.

Der ursprüngliche Ansatz der Biogasproduktion zielte im Wesentlichen auf eine Reststoffverwertung ab. Ein gezielter Anbau von Energiepflanzen sei nicht vorgesehen gewesen. Heute allerdings stamme das eingetragene Substrat schon zur Hälfte aus Energiepflanzen, besonders aus Mais (80%).

Biogaserzeugung sei für Landwirte lukrativ, so Dr. Siegmund, weil sich durch sie gleich hohe oder höhere und vor allem sicherere Einnahmen erzielen ließen als über die Produktion von Futter- bzw. Nahrungsmitteln.

Das allerdings habe ökologische und soziale Folgen: Mais werde auf immer größeren Flächen in immer kürzerer zeitlicher Abfolge angebaut. Das bewirke eine Zunahme von Pflanzenkrankheiten, einen Rückgang der Artenvielfalt, den Verlust der Bodenfruchtbarkeit. Mit der Intensität des Maisanbaus steige auch der Pflanzenschutz- und Düngemitteleinsatz und damit die Gefahr einer Belastung von Boden und Grundwasser.

Besonders gravierend aber: die Pacht- und Grundstückspreise sowie Nahrungs- und Futtermittelpreise würden steigen.
 Dies gehe in Niedersachsen zu Lasten all jener, die für ihre Betriebszweige Futtermittel zukaufen müssten, beispielsweise Milchviehbetriebe. Und die mit dem Bau von Biogasanlagen verbundenen Veränderungen des Dorf- und Landschaftsbildes würden von vielen Menschen als Belastung wahrgenommen.

Was könne nun die verfasste Kirche zum Diskurs beitragen? Theologisch gesprochen müsse der Mensch, um dem Schöpfungsauftrags entsprechen zu können, das Gleichgewicht zwischen Bebauen und Bewahren immer neu justieren. Der Anbau von Energiepflanzen bzw. die Nutzung von Feldfrüchten als nachwachsende Rohstoffe sei im Grundsatz mit dem Schöpfungsauftrag vereinbar.

Luther habe das täglich Brot als ein Mehr als nur Nahrung, Kleidung Wohnung definiert. Dazu gehöre eben auch körperliche Unversehrtheit, Frieden, Gerechtigkeit, tragfähige menschliche Beziehungen.
 In Bezug auf die Energieversorgung heiße das: jeder Mensch benötigt eine bestimmte Energiemenge und Versorgungssicherheit um auskömmlich zu existieren, so die diplomierte Agraringenieurin Siegmund.

Was aber könne heute das Notwendige sein? Auf dem Kirchentag in Hamburg 2013 sei diese Frage sehr intensiv diskutiert worden. Sichere die gegenwärtige Lebens- und Wirtschaftsweise das Notwendige oder sei sie einem Leitbild eines unbegrenzt verfügbaren Energiereichtum verpflichtet?

Aus der Schöpfungsverantwortung heraus müsse die Nutzung und der Verbrauch von Ressourcen ökologisch und sozial verträglich erfolgen.
Es gelte also, die Vor- und Nachteile der verschiedenen Energieformen abzuwägen.

Energiewirtschaft müsse als Versorgungs- und Vorsorgewirtschaft an mehr Maßstäben überprüft werden als eine Investitionsrechnung leisten könne. Dazu brauche es die Erinnerung an schöpferische Räume auch innerhalb wirtschaftlicher und technischer Prozesse. Es brauche auch die Beschreibung der sozialen und gesellschaftlichen Chancen, die sich mit einem Umbau der gesellschaftlichen Energieversorgung verbinden lassen.

Die Ziele der Energiewende - Treibhausgasreduktion und Ersatz fossiler und nuklearer Energieträger durch regenerative Energien bei gleichzeitiger Sicherung der Energieversorgung - ließen sich nachhaltig nur unter folgenden Voraussetzungen erreichen:
durch die Senkung des Energieverbrauchs und der Energieproduktion, durch Optimierung von Energieausbeute und Einsatz der verschiedenen Energieerzeugungsarten und -standorte.

Eine Prüfung der ökologischen und sozialen Folgen der verschiedenen Technologien sei unverzichtbar, so Siegmund.

Demnach müsse die Biogaserzeugung verstärkt für Lastspitzen in der Stromerzeugung eingesetzt werden.
Der Bereitstellung von Flächen zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion müsse höchste Priorität eingeräumt werden. Die Verwertung von Reststoffen und erntebedingten Nebenprodukten (Kaskadennutzung) sei einem gezielten Anbau von Energiepflanzen vorzuziehen. Die Verwendung von Lebensmitteln für die Energieproduktion grundsätzlich zu verbieten, sei dagegen nicht sinnvoll, so Dr. Bettina Siegmund in ihrer Einbringungsrede des Aktenstückes 119 .

Biogasanlagen könnten einen nachhaltigen Beitrag zur Energiewende leisten, wenn besondere Rahmenregelungen eingehalten würden, beispielsweise die Größe der Anlagen, kurze Transportwege der Substrate und eine gute landwirtschaftliche Praxis bei Anbau und Auswahl der Energiepflanzen. Biogas sei bereits jetzt eine Einkommensalternative für landwirtschaftliche Betriebe und könne einen Beitrag zu deren Existenzsicherung leisten. Dies stärkt auch den ländlichen Raum.

Was gelte es für die Kirchen- und Kapellengemeinden zu bedenken? Diese hätten als Verpächter ein Interesse am Werterhalt ihrer Flächen und damit an einer umweltschonenden und die Bodenfruchtbarkeit erhaltenden Wirtschaftsweise auf ihren Pachtländereien. Dies finde ja auch seinen Niederschlag in den Durchführungsbestimmungen zum Pachtwesen.

Die Landessynode wolle beschließen:

1.
Die Landessynode nimmt den Bericht des Umwelt- und Bauausschusses betr. Bioenergienutzung am Beispiel Biogasanlagen (Aktenstück Nr. 119) zustimmend zur Kenntnis.

2.
Der Umwelt- und Bauausschuss wird gebeten in Zusammenarbeit mit dem Kirchlichen Dienst auf dem Lande, dem Arbeitsfeld Kirche und Umweltschutz (alle im Haus kirchlicher Dienste) und dem Umweltbeauftragten der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche sich weiterhin mit dem Thema zu beschäftigen, und die Reaktionen auf seinen Bericht in Kirche und Öffentlichkeit aufzugreifen.

3.
Die Landessynode bittet das Landeskirchenamt, dieses Aktenstück als Beitrag zur Urteilsbildung allen Kirchengemeinden, kirchlichen Einrichtungen und den Synoden der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirchen Deutschlands baldmöglichst zur Kenntnis zu geben sowie die interessierte Öffentlichkeit, die entsprechenden staatlichen Institutionen (z. B. das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung) und die landwirtschaftlichen Verbände darüber zu informieren.

Energie vom Acker

Brot für die Welt, Evangelischer Entwicklungsdienst e.V., Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten in der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Ausschuss für den Dienst auf dem Lande in der Evangelischen Kirche in Deutschland haben in der Schrift "Energie vom Acker - Wie viel Bioenergie verträgt die Erde?" den globalen Zusammenhang der Biogasproduktion dargestellt.  

Biogas in Niedersachsen

Niedersachsen ist das Bundesland mit der höchsten installierten Biogasanlagenleistung. Die Regierungskommission Klimaschutz Niedersachsen sieht für Niedersachsen eine besondere Verantwortung, die Klimafreundlichkeit von Biogasanlagen zu erhöhen.  

Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz, Regierungskommission Klimaschutz: Empfehlungen für eine niedersächsische Klimaschutzstrategie, 2012, S. 92

Biogasanlagen und Treibhausgasemissionen

Biogasanlagen helfen Treibhausgasemissionen zu vermeiden. Die Bundesregierung hat sich im Rahmen internationaler Klimaschutzabkommen verpflichtet, die Treibhausgasemissionen erheblich zu reduzieren (Kyoto-Protokoll, EU-Vereinbarung zu Emissionen außerhalb des Emissionshandels).  

Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz, Regierungskommission Klimaschutz: Empfehlungen für eine niedersächsische Klimaschutzstrategie, 2012, S. 76