Startseite Archiv Bericht vom 01. Juni 2018

Finanzierungskonzepte für Kindertagesstätten

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Wegen des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz haben die kirchlichen Träger von Kindertagesstätten ihre Einrichtungen erweitert. Da es der hannoverschen Landeskirche in den 90er Jahren finanziell nicht möglich war, zusätzliche Gruppen mitzufinanzieren, hatte die Landeskirche ein Moratorium zur Übernahme neuer Trägerschaften für Kindertagesstätten beschlossen. Aufgrund des rasanten Ausbaus der Ganztagsbetreuung und durch den inzwischen beschlossenen Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder unter drei Jahren (Krippen) wurden trotz des bestehenden Moratoriums bis zum Jahr 2009 mehr als 40 neue Kindertagesstätten kirchenaufsichtlich genehmigt. Ein Kofinanzierungsanteil des Trägers war Voraussetzung einer Genehmigung. Die Anzahl der Kindertagesstätten hat sich seit dem Jahr 1995 um über 20% erhöht, sodass es heute insgesamt 659 Kindertagesstätten in der hannoverschen Landeskirche (ohne Einrichtungen in sogenannter freier diakonischer Trägerschaft) gibt.

Der Diakonieausschuss sowie der Bildungsausschuss und der Finanzausschuss haben sich in den vergangenen Jahren mit der Frage der Kindergartenfinanzierung in zahlreichen Sitzungen beschäftigt. Aufgrund der kontroversen Diskussionen hatte der Diakonieausschuss am 21. Juni 2017 sogar einen Unterausschuss „Kindergartenfinanzierung“ eingerichtet. Rahmenvorgaben waren, dass es keine Forderung an die Landessynode geben solle bezüglich eines signifikanten Mehrbetrages für die Finanzierung von Kindertagesstätten. Zudem sei ein pauschaler Ausgleich von Gruppenpauschalen nicht der beste Weg zu einer gerechteren Verteilung. Gleichwohl müsse das bisherige Finanzierungsmodell modifiziert werden, wobei das Finanzierungssystem die religionspädagogische Profilbildung und das Geschäftsführungssystem stärker unterstützen solle.

Gegenwärtig sind 80 % der kirchlichen Kindertagesstätten in das von der Landeskirche favorisierte sogenannte Trägermodell. Das Modell meint eine übergemeindliche Zusammenführung von zwei oder mehreren Kindertagesstätten unter einer pädagogischen und betriebswirtschaftlichen Leitung. Die neuen Trägermodelle haben sich nach Auffassung des Landeskirchenamts wie auch des Diakonieausschusses grundsätzlich bewährt. Doch sind die Geschäftsführungen damit deutlich höher beansprucht. Auch sei mehr Fachberatung / pädagogische Leitung notwendig.

Um die Fachberatung / pädagogische Leitung zu unterstützen, sei eine Erhöhung der Pauschale für diese von 2000 Euro auf 4000 Euro bis zum Jahr 2022 sinnvoll. Mit einer solchen würden den Kirchenkreisen rund 50% der erforderlichen Personalkosten für die Pädagogische Leitung mitfinanziert. Gegenwärtig ist der Aufbau der Stellen für die Pädagogischen Leitungen sehr stark von der Finanzkraft der einzelnen Kirchenkreise abhängig. Durch eine weitere Erhöhung der Pauschale für Fachberatung / pädagogische Leitung könnten die Qualität der Arbeit in den Kindertagesstätten erhöht und die neuen Trägermodelle unterstützt werden. Im Jahr 2018 werden, so die Angaben des Landeskirchenamts, voraussichtlich 546,5 Pauschalen für Fachberatung und pädagogische Leitung mit einem Gesamtvolumen von 1.093.000 Euro an die Kirchenkreise verteilt. Dabei werden alle Einrichtungen berücksichtigt, sofern sie in einem übergemeindlichen Trägerverband zusammengefasst sind.

In der Frage der Trägerschaften will sich die Landeskirche vor allem dadurch engagieren, dass das Nebeneinander von Kindertagesstätten in Trägerschaft von Kirchengemeinden und freien diakonischen Trägern durch Kooperationen von beiden Seiten mittelfristig abgelöst werden soll. Für die freien Träger solle ein Fonds von 150.000 Euro jährlich gebildet werden, um Pauschalen für Fachberatung und religionspädagogische Arbeit zu beantragen. Dabei ist Vorbedingung, dass die freien Träger Vollmitglied im Diakonischen Werk sein müssen, entweder die Dienstvertragsordnung oder den Tarifvertrag Diakonie Niedersachen anwenden und eine schriftliche Kooperation mit den kirchlich verfassten Trägern nachweisen, um eine Konkurrenz um Standorte zwischen Kirchengemeinden und freien Trägern künftig auszuschließen. Der dafür notwendige Entwurf müsse noch erarbeitet werden. Dieser solle dann auch eng mit dem Diakonieausschuss abgestimmt werden.

Dr. Rannenberg sagte abschließend: „Bewusst formulieren wir hier ein Angebot der verfassten Kirche gegenüber den freien Trägern zu einer Kooperation.“ Weiterhin werde es Träger geben, die auch künftig allein vor Ort verantwortlich sein wollen. Für die Landeskirche aber gelte, dass „wir eine Großorganisation sind, die sich um das Gesamtbild kümmern muss“.

In der folgenden Aussprache ergriff der Synodale Dieter Sogorski (Verden) Partei für KiTa-Einrichtungen, die Wert auf Eigenständigkeit legten. Für solche Einrichtungen, die auch zukünftig in Trägerschaft der Ortskirchengemeinde bleiben wollen, sei die Eigenständigkeit ein Wert. So arbeiteten beispielsweise in Verden vier von acht Einrichtungen selbstständig. Für ihre Eigenständigkeit gebe es gute Gründe, seien es historisch gewachsene, politische oder gesellschaftliche. „Ein florierendes Engagement in einem Stadtteil hat beispielsweise dort zur Gründung einer kirchlichen Kindertagesstätte geführt.“

Martin Sundermann, Synodaler aus dem Sprengel Ostfriesland-Ems, richtete eine Grundsatzanfrage an das Plenum. Absicht des Papiers sei, den Anteil der kirchlichen Träger an der Gesamtfinanzierung der Kindertagesstätten zu minimieren. Das aber setze den Kommunen gegenüber das falsche Zeichen. Profilierung, auch religiöse, gehöre als integraler Bestandanteil in den Gesamthaushalt einer KiTa und müsse ebenso auch öffentlich gefördert werden.

Dr. Bettina Siegmund aus dem Sprengel Ostfriesland-Ems wollte die grundsätzlichen Vorteile von KiTa-Verbänden nicht in Frage stellen. Doch gebe es aus ihrer Sicht gute Gründe, sich mit einer Einrichtung einem KiTa-Verband nicht anzuschließen. Die Verschiebung von Mitteln hin zur Fachberatung und religionspädagogischen Profilierung, wie im Antrag vorgesehen, sei richtig. In der Öffentlichkeit würden alle Kitas - sowohl der Kirchengemeinden als auch der diakonischen Träger - einheitlich wahrgenommen. Da entstehe die Frage, warum die Fachberatung nur für die verbandlich zusammengeschlossenen und die freien Träger mit Kooperationsabkommen offen sei. Wünschenswert sei aus ihrer Sicht stattdessen die Einladung, die kirchliche Fachberatung zu nutzen, auch an die eigenständigen KiTas zu richten,  Damit würden die Türen für eine erweiterte Zusammenarbeit zwischen KiTas in kirchengemeindlicher Trägerschaft und den jeweiligen KiTa-Verbänden geöffnet.

Dr. Fritz Hasselhorn (Grafschaft Diepholz) hob hervor, dass ein grundsätzliches Problem darin bestehe, dass die kirchlichen KiTas durch die Haushalte der Kommunen eher zurückhaltend gefördert würden. KiTas seien eine Pflichtaufgabe der Kommunen und Kirche solle nicht Aufgaben übernehmen, die der Kommune obliegen. Die Möglichkeit das religionspädagogische Profil zu stärken, gelte es aber zu unterstützen.

Carsten Wydora, Synodaler aus dem Sprengel Ostfriesland-Ems, wies auf die bestehenden Verträge zwischen Kommunen und Trägern der Kindertagesstätten hin.

Nach eingehender Debatte stimmte die Landessynode den im Aktenstück 34 a enthaltenen Anträgen mit Mehrheit zu.

Bild: Jens Schulze