Tätigkeitsbericht des Diakonischen Werkes
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Der Direktor des Diakonischen Werkes Dr. Christoph Künkel hat sich für die Weiterentwicklung, aber Beibehaltung des "Dritten Weges" in der Tarifgestaltung in der Diakonie ausgesprochen und für weitere religionspädagogische Qualifizierung von Diakoniemitarbeitenden. Bei ihnen gebe es zum Teil eine Sehnsucht nach Selbstvergewisserung, bei anderen zur Säkularisierung. Er betonte, dass diakonisches Handeln nicht missionarisch "verzweckt " werden dürfe und kritisierte, dass viele staatliche Mittel in der Armutsbekämpfung nicht bei den Betroffenen ankommen.
OLKR Dr. Christoph Künkel, Direktor des Diakonischen Werkes, berichtet vor der Landessynode. Bild: Jens Schulze
In seiner Einbringungsrede zum Tätigkeitsbericht des Diakonischen Werkes beschrieb Künkel Diakonie als "Fremde Muttersprache der Kirche". Einerseits gehöre Diakonie zur Wesens- und Lebensäußerung der Kirche. Es sei aber verräterisch, wenn man von Kirche und Diakonie spreche und man zwei verschiedene Logi habe. "Wir als Kirche stehen zu unserer Diakonie und die Diakonie zur Kirche".
Diakonie sei nie "Liebe auf den ersten Blick", sagte Künkel. "Diakonie ist Ort der Gottesbegegnung, bringt Gott zur Darstellung in der Welt". Diakonie sei in erster Linie eine Frage der Spiritualität. Die EKD-Umfragen sagen: Durch die Diakonie gewinnt oft Glaube Gestalt in der Welt. Der Glaube komme aber aus dem Hören des Wortes Gottes und nicht über die Moral. Behindert werde das durch die Liturgisierung des Glaubens (Weltflüchtigkeit) und wo man Diakonie nur in den Hände von Berufssozialen, also von Profis gebe. Aber: Professionelle Diakoniker müssten erinnert werden, warum sie ihre Arbeit tun, so Künkel.
Gegenwärtig seien zwei Themen relevant: Im Bereich der Armut kämen viele staatliche Mittel nicht an. "Älter werden" sei ein Thema, aber die Diakonie schaue nicht nur auf "aktive Ältere", die der Zeitgeist proklamiere.
…. fragten sich viele Diakoniemitarbeitende, so Künkel. Es gebe Sehnsucht vieler diakonischen Mitarbeiter nach Selbstvergewisserung und positive Erfahrungen beispielsweise mit Klostertagen. Andererseits gebe es eine Tendenz zur Selbstsäkularisierung anderer Diakoniemitarbeitender.
Diakonie ist Handeln für einen Menschen, der wieder heil werden soll. Das sei das einzige Ziel, so der Chef des Diakonischen Werkes der Landeskirche. Es verzwecke diesen Menschen, wenn er dann auch noch zur Kirche gehen solle. Das sei mit dem christlichen Menschenbild nicht vereinbar.
Trotzdem: Die Distanz zu anderen Unternehmen im sozialen Bereich sei schwierig, der Handlungsspielraum zur Entfaltung eines eigenen Profils werde immer enger.
"Wo erfahren Mitarbeitende diakonische Spiritualität?", fragte Künkel. Die Quellen versiegten zunehmend. Es gebe auch Traditionsabbruch in der Diakonie. Die Erinnerung an Gründergestalten und die Ursprungssituation von diakonischen Einrichtungen nehme ab.Wie können sich Mitarbeitende identifizieren? - Denn sie seien fast durchweg überlastet, so Künkel.
Eine Kampagne in der Konföderation, um Arbeitsplatz-Attraktivität in der Diakonie zu steigern, läuft an.
Künkel resümierte aus seiner Erfahrung: "Die Versicherungsnehmer finanzieren nicht Gebete, sondern Windeln". Die Taktungen seien so dicht in der Pflege, dass man dies durch Schnelligkeit nicht ausgleichen könne, so Künkel. Diakonie koste daher Geld.
Die Mitarbeitende müssten aber "auftragsgewisser" gemacht werden. Daher müsse es mehr religionspädagogische Qualifizierung der Mitarbeitenden geben. "Das muss uns einiges Wert sein" sagte Künkel unter Beifall der Delegierten.
Als offene Fragen benannte Künkel: "Wie gewinnt man wieder mehr evangelische Mitarbeitende?"
Soll man angesichts des Fachkräfte-Mangels immer mehr Leute anstellen, die deutlich Glaube und Kirche kritisch gegenüberstehen? Künkel sprach sich gegen die Auflösung der Loyalitäts-Richtlinie aus. "Das Ansehen der Kirche in der Öffentlichkeit entscheidet sich am diakonischen Engagement". Gerade deshalb müsse Diakonie kirchlich gestaltet werden.
OLKR Dr. Christoph Künkel, Direktor des Diakonischen Werkes. Bild: Jens Schulze
Der Begriff "Dienstgemeinschaft" werde unterschiedlich verstanden und sei bei Einigen zum Kampfbegriff geworden. Aber: "Mit Dienstgemeinschaft ist auch der Vollzug des Dienstes gemeint." Andererseits sei der Begriff auch überhöht worden. Die Ordnungen der Kirche seien wandelbar.
Die Landeskirche habe sich oft nur auf der Seite der Arbeitgeber gesehen, so Künkel. Das Diakonische Werk verstehe sich inzwischen als zuständig für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. "Wir haben nicht unsere Verantwortung für das Ganze gesehen", bekannte Künkel. Mitarbeitende landeten so in den Armen von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Die Gewerkschaft Verdi verstehe sich als starker Partner, vergleiche aber inzwischen nicht mehr Lohnabschlüsse, weil sie nämlich bei Diakonie und Caritas in der Regel höher liegen. Verdi habe die Tariflandschaft in Niedersachsen zertrümmert.
Künkel kündigte an, er werde den Streit um den dritten Weg ausfechten. Er halte ihn für das überlegene Modell. "Der dritte Weg passt mit Blick auf die Entgeltregelung und die Kultur der Mediation besser zur Kirche". Viele Mitarbeitende hätten aber das Vertrauen in den kirchlichen Weg noch nicht wieder gewonnen.
Künkel sprach von einer "Dienstgemeinschaft als Diakonenschaft aller Getauften": Flächendeckend sollten Mitarbeitende in den Aufsichtsräten der diakonischen Einrichtungen sitzen. Mitarbeitervertretungen (MAV) müssten weiter qualifiziert werden, damit sie auch gesamtunternehmerische Interessen vertreten können. Grundsätzliche sollen weiterhin keine Mitarbeiter über Leiharbeitsfirmen kommen und die Bindungskraft der Entgeltvereinbarungen möglichst hoch bleiben.
Die Diakonie soll die Muttersprache der Kirche bleiben, so Künkel abschließend.
Die Rede wurde mit Beifall quittiert und eine rege Debatte schloss sich an.