Sexualisierte Gewalt
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Die Vorsitzende des Ausschusses für kirchliche Mitarbeit, Anna Kempe, sieht die Aufarbeitung und Prävention sexuellen Missbrauchs noch nicht am Ziel. „Kirchliche Räume müssen sichere Orte für alle sein“, forderte Kempe (Sprengel Lüneburg) bei der Vorstellung des Zwischenberichts „Grundsätze für Prävention, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung in Fällen sexualisierter Gewalt“.
Sie nehme wahr, dass das Bewusstsein für die Tragweite des Themas, für die Notwendigkeit transparenter Aufarbeitung und für die Verantwortung gegenüber den Betroffenen an vielen Stellen bereits vorhanden sei. Teamverträge und Selbstverpflichtungen zum Kindeswohl seien in der Kinder- und Jugendarbeit mittlerweile zwar eine Selbstverständlichkeit, dennoch gebe es bei der strukturierten und praktischen Umsetzung in der Fläche der Landeskirche noch viel zu tun. Ein Baustein dazu sei die Ausstattung der Fachstelle Sexualisierte Gewalt zum 1. Juli 2021 mit einer vollen Stelle (vorher eine halbe Stelle).
Ein weiterer Baustein seien die „Grundsätze für Prävention, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung in Fällen sexualisierter Gewalt der hannoverschen Landeskirche“. Das Kolleg hat sie Ende Januar 2021 beschlossen, auf der Homepage der Landeskirche sind sie bereits abrufbar. Diese Grundsätze werden im kirchlichen Amtsblatt und über eine Rundverfügung veröffentlicht, sobald die Stelle der Fachkraft für Prävention und Aufarbeitung im Juli besetzt ist.
„Als Zeichen dafür, dass diese Auseinandersetzung aus der Synode und damit aus der Mitte der Kirche kommt“, regte Kempe an, den Zwischenbericht des Ausschusses zusammen mit den Grundsätzen zu kommunizieren. Für die Akzeptanz sei das ein wichtiges Signal, denn die Kirchenkreise, Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen sollen bis Ende 2024 die Grundsätze umsetzen und in diesem Rahmen Schutzkonzepte erstellt und die Schulung von Mitarbeitenden durchgeführt haben.
Die Ausschussvorsitzende formulierte ihre klare Erwartung gegenüber dem Landeskirchenamt, die Grundsätze in die Fläche der Landeskirche zu kommunizieren. Es gehe insgesamt darum, verlorenes Vertrauen in Kirche zurück zu gewinnen. „Die Kultur der Achtsamkeit muss ein Qualitätsmerkmal kirchlichen Handelns sein, auch weil es dem Kern christlichen Glaubens entspricht, die Schwachen zu schützen und zu stärken“, betont Kempe.
In der Aussprache lobten sowohl die Synodalen, als auch die Mitglieder aus dem Landeskirchenamt die Arbeit des Ausschusses. Antje Niewisch-Lennartz und Dr. Thela Wernstedt (beide Sprengel Hannover) betonten die Bedeutung, als Institution Kirche klar Verantwortung zu übernehmen. In dem Zusammenhang bedauerte Wernstedt die negativen Schlagzeilen rund um das Scheitern des Betroffenenbeirates der EKD vor einigen Tagen. Cordula Schmid-Waßmuth (Sprengel Hannover) sprach sich klar dafür aus, die vorhandenen Erfahrungen der vier Kirchenkreise zu dem Thema einzubeziehen.
Der Vorsitzende des Landessynodalausschusses (LSA), Dr. Jörn Surborg, stellte in Aussicht, den Kirchenkreisen und Kirchengemeinden für die erforderlichen Präventionsschulungen und anderes zusätzliche Mittel bereit zu stellen. „Wenn wir hier sparen, sparen wir am falschen Ort“, sagte er.
Für das Landeskirchenamt erläuterte Dr. Rainer Mainusch auf Nachfrage zur personellen Ausstattung der Fachstelle: insgesamt stehen 1,5 Stellen im operativen Bereich zur Verfügung. Neben der vollen Stelle für die Aufarbeitung wird es ab 1. Oktober 2021 eine Viertelstelle für die Begleitung Betroffener geben sowie eine Viertelstelle für die Durchführung von Einzelpräventionsveranstaltungen. Dr. Mainusch wies darauf hin, dass mit der Leitung der Fachstelle mit einem Viertelstellenanteil die Stabstelle Gleichstellung verbunden ist. Er erklärte die Bereitschaft, bei der Umsetzung der Grundsätze auch finanzielle Unterstützung zu leisten und begründete den Zeitplan für deren Veröffentlichung. Die Veröffentlichung soll im Herbst erfolgen, wenn die Stelleninhaberin die neue Position angetreten hat.
Dr. Stephanie Springer, Präsidentin des Landeskirchenamts, betonte in ihrer Stellungnahme die gemeinsame Leitungsverantwortung beim Thema Missbrauch und dankte dem LSA-Vorsitzenden für dessen Unterstützungsbereitschaft. Die Kommunikation zum Missbrauch empfinde sie insgesamt als schmerzhaft. „Diese Schmerzhaftigkeit müssen wir aushalten“, so die Präsidentin. Klar sei auch, dass die Kirche viel an Deutungshoheit den Betroffenen überlassen müsse. Die kritische Pressebegleitung ist aus ihrer Sicht nachvollziehbar. Die Aufgabe der Kirche sei bei diesem Komplex, Transparenz und Offenheit herzustellen, zu schonungsloser Ehrlichkeit zu ermutigen, vorschnelle Bewertungen seien zu vermeiden. Dr. Springer plädiert dafür, das Thema Missbrauchsaufarbeitung und -prävention als ständigen Tagesordnungspunkt für die Synodentagungen aufzunehmen.
Die Anträge des Ausschusses für kirchliche Mitarbeit wurden mit großer Mehrheit angenommen.