Mitgliederkommunikation
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Zum diesjährigen Reformationstag könnten alle Mitglieder der hannoverschen Landeskirche einen Brief von Landesbischof Ralf Meister erhalten. Diesen Plan stellte vor der aktuell in Hannover tagenden Synode Dr. Johannes Neukirch, Pressesprecher der Landeskirche, vor.
„Wir müssen mit unseren Mitgliedern in Kontakt treten und die Beziehung zu ihnen besser pflegen, sie in ihrer Kirchenzugehörigkeit stärken“, so Neukirch zum Aufbau eines direkten Kommunikationsweges zu allen Kirchenmitgliedern.
„Wir stehen in einem Aufmerksamkeits-Wettbewerb, in dem die Kirchenmitglieder als Kunden, Vereinsmitglieder, potenzielle Spender mit Briefen, Publikationen, Events, Videos etc. heftig umworben werden. Zu diesem Wettbewerb müssen wir uns verhalten.“
Laut Neukirch ginge es nicht darum, sich wie Greenpeace oder der ADAC zu verhalten. „Aber wir dürfen auch nicht das Gefühl erzeugen, dass wir unsere Mitglieder in der Fläche streckenweise vernachlässigen. Deshalb geht es darum, mit allen Kirchenmitgliedern regelmäßig in Kontakt zu treten.“ Daher sei ein Brief des Landesbischofs an alle Kirchenmitglieder ein erster nötiger Schritt.
Bild: Jens Schulze
Wichtig sei es dabei, dass die direkte Mitgliederkommunikation eingebunden werde in das gerade entstehende Kommunikationskonzept der Landeskirche. Aber auch der Rückhalt möglichst aller in der Kirche Mitarbeitenden werde gebraucht, „damit dieser Brief positiv aufgenommen wird.“
Neukirch verwies auf die Untersuchungen der Kirchenmitgliedschafts-untersuchung von 2014. Die Analyse habe ergeben, dass die „Noch-Kirchenmitglieder durch eine geeignete Kommunikation darin bestärkt werden wollen, stolz und froh zu sein, zur Kirche dazuzugehören.“
Dabei sei deutlich geworden, dass diese Mitglieder Informationen benötigen, „z.B. über die Verwendung der Kirchensteuermittel. Sie brauchen Bestätigung, dass ihre Mitgliedschaft sinnvoll ist, sie brauchen Wertschätzung. Und es hat sich klar gezeigt, dass die üblichen Kontaktflächen Gemeinde, Gemeindebriefe, Gottesdienste dies nicht leisten, da sie nur sehr eingeschränkt wahrgenommen werden.“
Für die direkter Mitgliederkommunikation sind 1,5 Mio. Euro veranschlagt. Ähnliche Kommunikationsstrategien werden bisher in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau erprobt. Die Evangelisch-lutherische Kirche in Bayern hat ein Pilotprojekt gestartet. Ähnliche Projekte planen die Evangelische Kirche in der Pfalz und die Evangelische Kirche von Westfalen.
Eine lebendige und teils kontroverse Aussprache folgte dem Bericht zum Projekt Mitgliederkommunikation. Als vehementer Befürworter der Idee trat der Jugenddelegierte Claas Goldenstein (Kirchenkreis Stade) auf: „Jetzt können wir mal auf den Putz hauen und den Leuten sagen, was Kirche alles macht.“ Gerade die kritischen Kirchenmitglieder könnten mit der Aktion überzeugt werden.
„Ich habe Bauchschmerzen bei dieser hohen Summe“, sagte die Synodale Birgit Thiemann (Kirchenkreis Lüchow-Dannenberg). Verena Selck (Kirchenkreis Neustadt-Wunstorf) regte an, die Verteilung durch die Gemeindebriefausträger vor Ort zu prüfen, um Versandkosten zu sparen. Ruth Scheffler-Hitzegrad (Kirchenkreis Land Hadeln) zog den Sinn der Direktkommunikation von Seiten der Landeskirche in Zweifel und fragte: „Findet in den Kirchengemeinden etwa keine Kommunikation statt?“
Michael Gierow (Kirchenkreis Lüchow-Dannenberg) wollte wissen, wie es nach dem Versand im Falle eines Erfolges weitergeht. „Und wenn mit diesen Briefen auch Themen gesetzt werden sollen - wer macht sich darüber Gedanken“, fragte der Theologe.
Für Hildegard Holtorf (Kirchenkreis Syke-Hoya) ist die direkte Kommunikation per Brief auch eine Chance, Vertrauen wiederherzustellen, das seit der mangelhaften Informationspolitik im Zusammenhang der Kapitalertragsbesteuerung verloren gegangen ist. „Das sollte uns das Geld wert sein“, meinte Holtorf. Aus kaufmännischer Sicht handelt es sich bei der strittigen Investition um „Einnahmesicherungsaufwendungen“, sagte Hendrik Wolf-Doettinchem (Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen) und fügte hinzu: „Wir müssen es tun.“
Im Verlauf der Diskussion warb auch Landesbischof Ralf Meister als Absender des geplanten Briefes für das Projekt. „Die Chancen sind deutlich größer als die Gefahren“, meinte Meister. Es brauche allerdings eine breite Zustimmung der Mitarbeiterschaft. „Mir liegt sehr daran, persönlichen Kontakt zu Kirchenmitgliedern zu bekommen“, betonte der Landesbischof. Unterstützung bekam Meister von Altbischof Horst Hirschler: „Das Kirchenzugehörigkeitsgefühl zu stärken bei denen, die sonst nicht kommen, ist sinnvoll“, meinte der Abt des Klosters Loccum.
Ob das Anschreiben bereits zum Reformationstag oder erst Anfang nächsten Jahres versandt wird, ist noch offen. Auf jeden Fall soll im Anschluss an den Versand eine umfangreiche Evaluation erfolgen, die den Erfolg beurteilt, erläuterte Johannes Neukirch. Davon hänge ab, ob solche Briefe künftig regelmäßig versandt werden. Über die künftige Finanzierung müsse die Synode dann in ihrer Gesamtheit entscheiden.
Insgesamt gab es in der Diskussion der Synodalen eine Tendenz, sich auf das Projekt einzulassen. Rolf Bade (Stadtkirchenverband Hannover), der die Aktion als Ergänzung zu Gemeindeaktivitäten betrachtet, appellierte an die Synodalen: „Als Protestanten sollten wir nicht so mutlos sein, probieren wir es einmal aus!“
Bild: Jens Schulze