Startseite Archiv Bericht vom 23. November 2004

Landesbischöfin fordert neue Ernährungsethik

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In ihrem Bericht vor der 7. Tagung der 23. Landessynode am 24.11.2004 in Hannover resümierte Landesbischöfin Margot Käßmann ihr diesjähriges Schwerpunktthema „Landwirtschaft“.

Bäuerliche Familien stärken

Sie unterstrich die Bedeutung der Landwirtschaft für Niedersachsen, wo jeder vierte Arbeitsplatz von diesem Wirtschaftszweig abhänge. Gleichzeitig wies sie auf die finanziell prekäre Situationen von Familien in der Landwirtschaft hin, deren Einkommen allein in den Jahren 2001/2 um 38% gesunken seien. Komplizierte politische Regelungen, viele offene Fragen im Blick auf die Umsetzung der EU-Erweiterung und der starke Preisdruck bedrohten das bäuerliche Wirtschaften und Leben auf dem Lande.

Bäuerliche Familien nannte die Landesbischöfin „stellvertretende Sachwalter des Segens Gottes in Saat und Ernte“: „Sie kommen für uns alle dem Auftrag Gottes nach, die Erde zu bebauen und zu bewahren.“

Kirche soll für Tiergerechtigkeit eintreten

Die Landesbischöfin setzte sich für eine Tierhaltung ein, die „die Liebe zum Vieh und die Anforderungen des Marktes in eine Balance“ bringt. Tierschutz sei eine gemeinsame Aufgabe derer, die erzeugen, und derer, die verbrauchen. „Wir als Kirche haben für Tiergerechtigkeit einzutreten.“

Landwirtschaft braucht ethische Begleitung der Kirche

Im Blick auf grüne Gentechnik warnte Käßmann vor nicht-rückholbaren Entwicklungen und vor möglicher Abhängigkeit der Landwirte von den Saatgutgebern. Sie zeigte aber auch Verständnis für das Argument, Deutschland könne sich von der Entwicklung nicht abkoppeln, sondern solle sie mitsteuern. In jedem Fall, so die Landesbischöfin, „braucht die Landwirtschaft insgesamt die ethische Begleitung unserer Kirche“ – gerade weil die Landwirtschaft stellvertretend für die ganze Gesellschaft die Frage um die Gentechnik in Lebensmitteln austrage.

Bioenergie nutzen

Die Landesbischöfin unterstützte die Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen. Hier solle weiter geforscht werden. In dieser Energie, die nicht zerstörerisch wirke und nicht über weite Strecken transportiert werden müsse, könne die Zukunft der einheimischen Landwirtschaft liegen. Allerdings dürfe man nicht „mit Weizen heizen“. Man müsse dem Hunger in der Welt mit dem Engagement für Frieden und Verteilungsgerechtigkeit entgegengetreten werden – zum Beispiel in der Außen- und Entwicklungspolitik, in der kirchlichen Partnerschafts- und Entwicklungsarbeit.

Neue Ernährungsethik soll bewusste Wahrnehmung von Nahrungsmitteln fördern

Käßmann wandte sich gegen die „Ideologie des Mehr, das Mantra des permanenten Wachstums“, bei der die Seele auf der Strecke bleibe. Die Kirche setze ihm eine „Ethik der Grenze“, „ein Gefühl für das rechte Maß“ entgegen. Das bedeute auch, Nahrungsmittel bewusster wahrzunehmen – im Sinn der Bitte des Vaterunser „Unser täglich Brot gib uns heute“. Die Landesbischöfin kritisierte, dass durch das Preisdumping bei Lebensmitteln das Bewusstsein für Nahrungsmittel immer mehr schwinde. Sie forderte „eine neue Ernährungsethik“, die gerade auch die sozialen Aspekte des Essens berücksichtige. So könnten in Kindertagesstätten gemeinsame Mahlzeiten mit Tischgebet, gemeinsamem Anfangen und gemeinsamem Ende eingeübt werden.