Podiumsdiskussion zur Zukunft der Kirche
Die Darstellung der Archivmeldungen wird kontinuierlich verbessert. Sollten Sie Fehler bemerken, kontaktieren Sie uns gerne über support@systeme-e.de
Unter dem Motto "#Kirche 2030 Bunt. Mutig. Klar." sind am Freitag Landes- und Jugendsynodale zur zweiten Jugendsynode in der Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hannover zusammengekommen. In einer eröffnenden Podiumsdiskussion unter Moderation von Marvin Meinold, Schauspieler und Trainer aus Bielefeld, ging es um Themen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Jugend- und Konfirmandenarbeit.
Es diskutierten Kristin Schneider (Kirchenkreisjugendkonvent Wolfsburg-Wittingen und Mitglied der Landesjugendkammer) und die Zevener Berufsschullehrerin Ruth Schulze Gerleve. Von der Universität Marburg hatte sich Dr. Marcell Saß online zugeschaltet, Professor für Praktische Theologie und Religionspädagogik.
"Dia Haltung muss sich ändern"
Einig war sich die Runde, dass sich in manchen Bereichen die Kirche in ihrer Haltung ändern müsse. „Ich wünsche mir sehr viel mehr regionales Handeln und Denken“, so Kristin Schneider. Marcell Saß ergänzte: „Wir haben noch oft eine Behördenmentalität in der Kirche, die hinderlich ist. Unsere religiöse Landschaft ist vielfältig. Dem muss sich auch unsere Haltung angleichen.“ Mehr Werbung und Marketing wünscht sich Ruth Schulze Gerleve: „Warum muss ich mir einen Hoodie mit dem Slogan „Glaube, Hoffnung, Liebe“ bei einem kommerziellen Anbieter kaufen und nicht im Kirchen-Shop?“
Schule und Konfirmandenunterricht als Erlebnis- und Lernort
In ihrer Arbeit als Lehrerin mache sie immer wieder die Erfahrung, dass Schülerinnen und Schüler gar nicht wüssten, wie breit aufgestellt kirchliche Arbeit eigentlich sei, so Schulze Gerleve. „Es erstaunt die Klassen immer wieder, dass auch Brot für die Welt zur Kirche gehört.“
Medienkompetenz, so Saß, müsse in der Schule gelehrt werden, aber auch im Konfirmandenunterricht könne sie Thema sein. Er wünsche sich auch mehr Kooperation zwischen Schule und Kirche, denn Religionslehrkräfte würden im gleichen Bereich arbeiten wie eine Gemeindepastorin, nämlich an der Sprachfähigkeit in Sachen Glaube.
Jugend- und Konfirmandenarbeit, Arbeit mit Kindern: Auch hier herrschte Einigkeit darüber, welche Potentiale in diesen Bereichen liegen. „Wenn ich mich als Jugendliche hier angenommen fühle, begeisternde Freizeiten erlebe oder auch bei wöchentlichen Treffen Gemeinschaft erfahre, dann habe ich doch sehr viel Lust, mich als Teamerin zu engagieren“, ist sich Schneider sicher. Sie selbst sei auch über diese Schiene zur kirchlichen Mitarbeit gekommen. Saß ist sich sicher, dass gerade die Konfirmandenzeit eine entscheidende Phase zum Kontakt zur Kirche sei. „Da gibt es schon viel Kreativität mit Konfi-Camps und ähnlichem. Ich wünsche mir doch mehr unterschiedliche Formate.“
Digitale Formen
„Die Corona-Pandemie hat unglaublich viel beschleunigt im Bereich des Digitalen“, ist Schneider sicher. Zoom-Sitzungen seien mittlerweile Standard, bei den Gottesdiensten gebe es aber noch viel Luft nach oben. „Manche Gottesdienste werden digital mehr schlecht als recht gemacht.“
Auch Schulze Gerleve sieht da noch viele Entwicklungsmöglichkeiten, „aber die Insta-Beiträge der Landeskirche finde ich richtig gut.“
Für eine „Kultur der Digitalität“ warb Saß. „Religion ist ein Medienphänomen, denn ohne Buchdruck hätte es vor 500 Jahren zum Beispiel keine Reformation gegeben. Daher müssen wir die technischen Möglichkeiten aktiver nutzen.“ Aber es sei wichtig, neben den Möglichkeiten auch die Grenzen der digitalen Formen zu erkennen. Auch hier sei Medienkompetenz wichtig und die Erkenntnis, dass Kontakt durch physische Präsenz entstehe.
Nachhaltigkeit
„Wir können dieses Thema nicht weiter auf die lange Bank schieben“, so Kristin Schneider. „Kirche ist in diesem Bereich ein wichtiger Player, auch wenn wir noch lange nicht so weit sind, wie wir es gerne wären.“ Auch Marcell Saß ist klar: „Das ist ein Menschheitsthema. Kirche ist eine große zivilgesellschaftliche Akteurin. Mehr Glaubwürdigkeit durch eigenes konkretes Handeln wünsche ich mir auch an dieser Stelle.“
Und die Traditionsweitergabe?
„Tradition heißt nicht, die Asche zu bewahren, Tradition heißt, die Flamme weiterzugeben.“ Mit diesem Zitat stellte Marvin Meinold den Podiumsgästen die Frage, wie diese Weitergabe ihrer Meinung nach geschehen sollte. „Wir sollten unsere bisherigen Formate überdenken und neue entwickeln“, sagte Kristin Schneider. Ruth Schulze Gerleve ergänzte: „Raus aus der Komfortzone. Rein ins Neue.“ Und Marcell Saß schloss an: „Bei uns allen beginnt es. Denn wir sind die Kirche.“