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Aussprache über die Vorträge vom Vormittag

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Intensive Diskussion zu beiden Impulsvorträgen

„Netzgemeinden versammeln sich um Wort und Sakrament“

In der Aussprache zum Vortrag von Dr. Horst Gorski stand zunächst das Gemeindeverständnis im Vordergrund. Rolf Bade, Synodaler aus Hannover, freute sich insbesondere darüber, dass Gorski die moderne Form der Netzgemeinde in den Blick genommen hatte und bat ihn, das dahinter liegende Gemeindeverständnis auszuführen. Gorski berief sich auf die Definition von Gemeinde, die da sei, wo sich Menschen um das Wort und die Sakramente versammeln. Heute könne es keine Unterscheidung von virtuell und real mehr geben; es gelte vielmehr, die Tradition anzuwenden auf die Lebenswirklichkeit der Menschen. „Es gibt Netzgemeinden, die sich um Wort und Sakrament versammeln“, so Horst Gorski. „Wenn wir diese Tür nicht öffnen, verlieren wir Menschen, die eigentlich zu uns gehören möchten.“

Ein weiterer Punkt in der Aussprache betraf Martin Luthers Menschenbild, das ganz von der Sündenvergebung bestimmt sei. Ob dies als Leitbild auch heute noch tragfähig sei, war die Frage von Marie-Luise Brümmer aus dem Sprengel Hannover. „Was muss ein Gemeindepastor heute seiner Gemeinde erklären, wenn er sie erreichen will? Wie bleibt Kirche heute sprachfähig?“ In seiner Antwort stellte Dr. Gorski die fortgeschrittene Individualisierung in Glaubensdingen heraus. Dabei spiele Angst eine große Rolle: Angst vor Bedeutungsverlust, vor Sinnverlust, vor dem Verlust von Menschlichkeit und Kontrolle. Dazu könne Kirche mit Blick auf das Leben Jesu Christi viel sagen: Er sei im Angesicht seiner Ängste menschlich geblieben.

„Müssen wir unsere Denkfigur des Grundgesetzes im Zusammenhang mit dem Religionsunterricht an staatlichen Schulen weiterentwickeln um sicherzustellen, dass wir uns wirkungsvoll in die Zivilgesellschaft einbringen können?“ Diese Frage stellte Rolf Bade im Anschluss an den Vortrag von Hans-Jürgen Papier. „Die islamische Religionsgemeinschaft hat noch nicht den Status erlangt, den die Rechtsprechung für den regulären Religionsunterricht verlangt“, sagte Papier mit Blick auf fehlende Organisationsstrukturen. Der Staat könne jedoch keine Religionsgemeinschaft dazu zwingen, sich auf eine bestimmte Weise zu organisieren. Wenn der islamische Religionsunterricht in manchen Bundesländern einstweilen allein in staatlicher Verantwortung erteilt werde, „halte ich das für problematisch“, sagte der Staatsrechtler. Das Grundgesetz sehe die Erteilung von Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften vor.

Ein weiteres Thema der Aussprache betraf die sogenannte Loyalitätsrichtlinie. Danach können die Kirchen von ihren Mitarbeitenden erwarten, dass sie selbst der Kirche angehören. Die Präsidentin des Landeskirchenamtes, Dr. Stephanie Springer, äußerte in diesem Zusammenhang die Sorge, dass deutsche Regelungen durch europäisches Recht ausgehebelt werden könnten. Eine Sorge, die Hans-Jürgen Papier nicht teilt: „Das Staatskirchenrecht gehört zum Identitätskern der deutschen Verfassung, das europäische Recht kann da nicht eingreifen.“ Er hoffe, dass es an dieser Stelle nicht zum Konflikt komme, sagte Papier.

„Warum wird das Kreuz offenbar anders gewertet als das Kopftuch?“, fragte Inga-Mirjana Krey aus dem Sprengel Hannover im Zusammenhang mit den Ausführungen des ehemaligen Bundesverfassungsrichters zum Kopftuchverbot. Papier verwies auf den Gleichbehandlungsgrundsatz, sah indes einen „graduellen Unterschied“ zwischen Kopftuch und Kreuz. Im Übrigen sei die Frage durch das Bundesverfassungsgericht positiv entschieden.

Auf die Nachfrage von Dr. Katja Lembke, Synodale aus dem Sprengel Hildesheim-Göttingen, ob es zu vertreten sei, dass das Berliner Schloss ein Kreuz bekommen solle, antwortete Papier: „Ich sehe hier keine rechtlichen Bedenken.“ Zwischen der religiösen Bedeutung des Kreuzes und seiner historisch-kulturellen Funktion müsse unterschieden werden. Im Übrigen sei die Verwurzelung des Grundgesetzes in der christlichen Kultur niemals bestritten worden.