Startseite Archiv Bericht vom 25. November 2015

Historische Verfassungsrevision auf den Weg gebracht

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„Ist die Kirchenverfassung mit der heutigen Wirklichkeit noch übereinstimmend?“ fragte der Präsident der Landessynode Dr. Matthias Kannengießer am Donnerstag Abend in der Plenardebatte der Landessynode. Er stellte den Bericht des Sondierungsausschusses vor, der sich mit einer möglichen Überarbeitung der Verfassung der Landeskirche beschäftigt hatte. „Die jetzige Verfassung hat sich ein wenig von der Wirklichkeit entfernt“, fasste Kannengießer den Tenor der Arbeit des Sondierungsausschusses zusammen. 

„Welche Bedeutung hat die Kirche in der Gesellschaft insgesamt?“ fragte der Jurist weiter. Im Vergleich zum Zeitpunkt der Verabschiedung der geltenden Kirchenverfassung im Jahr 1965 sei der volkskirchliche Charakter nur noch eingeschränkt vorhanden. Gleichzeitig gebe es mit dem interreligiösen Dialog, dem Ehrenamt oder der gestiegenen Bedeutung der Kirchenkreise Themenfelder, die in der geltenden Verfassung nur wenig oder gar nicht vorkämen. 

Die Verantwortungsbereiche der kirchenleitenden Gremien sollten in der neuen Verfassung präziser beschrieben und Doppelstrukturen vermieden werden, sagte Kannengießer weiter. Auch biete sich die Chance, dass in die „nüchternste aller Verfassungen einer lutherischen Landeskirche“ theologische Grundlegungen aufgenommen werden könnten. Notwendig sei es auch, die Sprache der Verfassung insgesamt im Hinblick auf Gendergerechtigkeit zu überarbeiten.

Zur Erarbeitung der neuen Verfassung schlug der Präsident der Landessynode die Bildung eines Verfassungsausschusses vor, in dem alle kirchenleitenden Gremien vertreten sein sollen und der eine ähnliche Struktur wie der Sondierungsausschuss aufweisen könne.

Als zeitlicher Rahmen für die Erstellung sei ein Zeitraum bis zum Frühjahr 2019 realistisch, so Kannengießer. Bis zum Frühjahr 2016 sollten die Ausschüsse der Synode und die kirchenleitenden Gremien zunächst Gelegenheit bekommen, ihre Vorschläge für die Neufassung zu erarbeiten. Eine erster Entwurf könnte im Mai 2017 vorliegen. Dieser sollte dann in Kirchenkreisen, Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen diskutiert werden. Auf einer zweitägigen Tagung in Loccum könnte der Verfassungsentwurf dann auf Basis der Änderungsvorschläge und unter Beteiligung der Kirchenkreise weiterentwickelt werden. Hinzu käme eine wissenschaftliche Begleitung durch theologische und kirchenrechtliche Expertinnen und Expterten. Der endgültige Entwurf würde dann auf der Synode im Frühjahr 2019 zur abschließenden Diskussion gestellt werden.

Zusammenfassend sagte Kannengießer, dass mit der geplanten Neufassung der Verfassung auch ein Paradigmenwechsel vollzogen werden könne: Das bisher eher institutionell geprägte Selbstverständnis wandle sich zu einer stärkeren Wahrnehmung als Organisation.

Vertreter aller kirchenleitenden Gremien unterstrichen in der anschließenden Debatte die vertrauensvolle und konstruktive Atmosphäre im Sondierungssausschuss und signalisierten Zustimmung zu dem geplanten Prozess der Verfassungsrevision.

Die Landessynode schloss sich den Voten an und beschloss die Einsetzung des Ausschusses und das geplante Vorgehen. 

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 Bild: Jens Schulze