Startseite Archiv Bericht vom 27. November 2003

„Wirtschaft und Arbeit muss den Menschen dienen“

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„Freuen wir uns also an der Arbeit, die uns geschenkt ist, an den Gaben, die wir haben, an der Leistungskraft. Bleiben wir aber demütig, und wissen wir unser Leben ganz und gar aus Gottes Hand gegeben.“ So umriss Landesbischöfin Margot Käßmann am 26.11. vor der hannoverschen Landessynode ein evangelisches Verständnis von Arbeit. Mit ihrem Bericht zog sie Bilanz zu ihrem diesjährigen Schwerpunktthema „Arbeitswelt".

Arbeit sei ein Menschenrecht und gehöre zur Würde des Menschen, sagte die Landesbischöfin. Die hohe Arbeitslosigkeit sei daher eines der drängendsten gesellschaftlichen Probleme. Gleichzeitig dürfe Arbeit nicht zum Götzen werden. So sei es bedauerlich, dass der „heilsame Rhythmus von Schaffen und Ruhen“ in der heutigen Arbeitswelt immer weniger spürbar sei. Arbeit umfasse dabei sowohl Erwerbsarbeit als auch Erziehungs- und Familienarbeit. Beides sei gleichwertig.

Der Arbeit aus Eigennutz stellt Käßmann die „Arbeit aus Liebe und Dienst“ entgegen. Denn aus christlicher Sicht müssten Wirtschaft und Arbeit dem Menschen und der Gemeinschaft dienen. Die Wirtschaft habe nur einen Sinn, „wenn sie für den Menschen da ist und nicht umgekehrt“. Ausdrücklich bejahte sie Individualität und Markt, wandte sich aber gegen „puren Individualismus“.

In Anlehnung an die EKD-Denkschrift von 1991 „Gemeinwohl und Eigennutz“ plädierte sie dafür, den Eigennutz in das Gemeinwohl einzubinden. Einerseits müsse die Eigenverantwortung gestärkt werden, andererseits müssten große Lebensrisiken wie Unfall, Krankheit, Erwerbslosigkeit und Alter abgesichert werden. Solidarität der Starken mit den Schwachen sei notwendig: „Reichtum verpflichtet.“

Die Umbauprozesse in der Gesellschaft werfen, so Käßmann, die Frage nach sozialer Gerechtigkeit auf. Kürzungen in den öffentlichen Haushalten seien unumgänglich, um kommenden Generationen nicht noch mehr Schulden zu hinterlassen. Es dürften aber nicht diejenigen an den Rand gedrängt werden, die schon jetzt am Rande der Gesellschaft stünden – wie allein erziehende Mütter, von denen mehr als die Hälfte unter der Armutsgrenze lebten. An den sozial Schwachen und an der jungen Generation dürfe nicht gespart werden – „um der Zukunft unseres Landes willen“.

Die Landesbischöfin hob die positive Rolle der Handwerks beim Schaffen von Arbeitsplätzen hervor. Angesichts der hohen Anforderungen, die die meisten Arbeitsplätze heute stellten, werde die Frage, welche Chance auf dem Arbeitsmarkt die Gering-Qualifizierten hätten immer dringender. Eine wichtige Funktion hätten die kirchlichen Jugendwerkstätten, die jungen Menschen eine Grundqualifikation böten. Dass Jugendliche inzwischen statt ursprünglich zwei Jahren nur noch ein halbes Jahr in einer Jugendwerkstatt sind, sei „hoch problematisch“.