Startseite Archiv Bericht vom 29. November 2018

Bibelarbeit von Rabbiner Gábor Lengyel

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Mit einer Bibelarbeit zum jüdischen Grundbekenntnis „Schma Jisrael“ (5. Mose 6,4-9) gingen die Synodalen in ihre Tagung am 29. November. Das Präsidium hatte dafür Dr. Gábor Lengyel von der Liberalen Jüdischen Gemeinde in Hannover gewonnen. Der Rabbiner begrüßte das Plenum mit den Worten „Meine lieben Freunde“. Zwar verhehlte der jüdische Gast seinen Schmerz über die Einführung des Reformationstages als staatlicher Feiertag in Niedersachen nicht. Dennoch bleibe die freundschaftliche Verbindung zur Landeskirche uneingeschränkt bestehen, versicherte Lengyel.

Der Rabbiner erinnerte an die Bedeutung des „Schma Jisrael“ für Jüdinnen und Juden: Das „Höre Israel, der HERR unser Gott, der HERR allein“ sei zentraler Bestandteil des täglichen Gebets. Dabei handele es sich im hebräischen Urtext um einen Satz ohne Verb. Je nach dem, wo das fehlende „ist“ eingesetzt werde, lasse sich der Satz unterschiedlich deuten. Lengyel gab einen Einblick in die jahrhundertealten Diskussionen der jüdischen Gelehrten. Einer Deutung zufolge beziehe sich der erste Teil des Satzes auf die Vergangenheit und den Gott  Israels. Der zweite Teil weise dagegen in die Zukunft und bekenne den Gott Israels als Gott aller Völker.

Auch wenn Gott einzig sei, nenne die Bibel 13 unterschiedliche Eigenschaften Gottes. Für das Vorkommen zweier Gottesbezeichnungen gebe es die Erklärung: Von „Elohim“ sei die Rede, wenn Gott richtet, von „Adonai“ hingegen dann, wenn er sich erbarmt. Allerdings sei der Monotheismus „ein stets gefährdeter Besitz“.

Der Rabbiner erinnerte an die Bedeutung des „Schma“ in den Leidenserfahrungen des jüdischen Volkes: „Israel hat die Thora auch unter dem drückenden Joch nie verloren.“ Das Gebot, Gott zu lieben, gelte selbst dann, wenn Gott das Leben nimmt.

Von besonderem Gewicht sei das Gebot, die Worte der Thora den Kindern einzuschärfen. „Darauf beruht das ganze jüdische Lehrgebäude“, unterstrich Lengyel die Notwendigkeit der Weitergabe des Glaubens. Das Elternhaus solle den Kindern ein Tempel sein, betone die jüdische Orthodoxie.

Tief bewegt folgten die Synodalen schließlich einer Erzählung aus der Zeit der Shoa: Woran lassen sich jüdische Kinder erkennen und von nicht-jüdischen Kindern unterscheiden? Als die jüdischen Kinder das „Höre, Israel“ vernehmen, rufen sie nach ihren Müttern. „Das Schma sind die letzten Worte, die die Kinder von ihren Müttern gehört haben“, schloss Gábor Lengyl seine Bibelarbeit.

Bild: Jens Schulze