Studie: Lektoren- und Prädikantendienst haben systemrelevante Dimension
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Am zweiten Tag der III. landessynodalen Tagung ist die Studie „Ehrenamtliche im Verkündigungsdienst – Vielfältig engagiert und offen für neue Rollen“ des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD vorgestellt worden. „Der ehrenamtliche Verkündigungsdienst in unserer Kirche ist für die Zukunft unserer Kirche relevant und gewinnt weiter an Relevanz“, sagte Elke Schölper, Fachreferentin im LKA. Nach mehrfacher Verschiebung wegen Corona freue sie sich, diese Zukunftsfrage im Rahmen einer Synodentagung, die den kommenden Haushalt berate, vorstellen zu können.
Die wichtigsten Ergebnisse präsentierte Dr. Gunther Schendel (SI), Leiter der Studie. Die vom Landeskirchenamt mit 30.000 Euro finanzierte Pilotstudie befragte von Mai bis Juni 2019 online als Kernzielgruppe Lektor*innen und Prädikant*innen, sowie für die Außenperspektive auch Pastor*innen, Leitende Ehrenamtliche und Gemeindeglieder.
„Prädikant*innen und Lektor*innen sind Menschen mit hoher formaler Bildung, hoher subjektiver Religiosität und hoher Verbundenheit mit Kirche“, so Schendel. Ihr Engagement sei wesentlich intrinsisch, aber auch extrinsisch motiviert. Sie seien häufig mehrfach ehrenamtlich tätig – auch außerhalb der Kirche. Insofern sind sie „Brückenbauer zwischen Kirche und Gesellschaft“, so Schendel. Bei der Altersverteilung liegt der Schwerpunkt bei der Gruppe der 60 bis 75-Jährigen. Hier werde die Bedeutung der U25-Kurse sichtbar. Bei den Prädikant*innen herrscht Geschlechterparität, bei den Lektor*innen überwiegt der Anteil der Frauen (über 60 Prozent).
Im Bereich der Verkündigung fällt die Vielfalt der Formate auf, die Prädikant*innen und Lektor*innen bedienen. Augenfällig ist auch ihr Einsatz in Alten-Pflegeeinrichtungen, bei Einschulungen, Schützenfesten o.ä., also über die klassischen kirchlichen Orte hinaus. Im Vergleich werden Prädikant*innen häufiger eingesetzt (ein Drittel bis zu 20 mal pro Jahr) als Lektor*innen (knapp die Hälfte bis 5 mal pro Jahr). Die Abfrage nach den Rahmenbedingungen ihrer Arbeit ergab eine sehr hohe Zufriedenheit der Prädikant*innen und Lektor*innen mit der Ausbildung und Vorbereitung auf den Dienst. Die Zufriedenheit mit der Tätigkeit hängt im Wesentlichen von der Unterstützung durch die Gemeinde (auch durch die Pfarrperson) und die Einsatzhäufigkeit ab. Direkte Rücksprache und Personalprinzip sind wichtiger als bestimmte Strukturen.
Perspektivisch besteht Konsens, dass der Dienst der Prädikant*innen und Lektor*innen wachsende Bedeutung gewinnen wird. „Eine Kompensationsstrategie scheint zwar naheliegend, trifft aber nicht unbedingt die Interessen der genannten Gruppe“, betonte der Studienleiter. Ehrenamtliche wünschen sich häufiger eine geistlich-begleitende Rolle, „Lückenbüßer“ wollen sie nicht sein. Dem Verhältnis zwischen Ehrenamtlichen und Pfarrperson als „aufeinander bezogene Dienstgemeinschaft“ kommt damit künftig eine entscheidende Rolle zu, die sich auch in der neuen Kirchenverfassung spiegele, so Schendel.
Initiiert wurde die Studie im Dezember 2018 durch Dr. Vera Pabst, Leiterin des Lektoren- und Prädikantendienstes am Michaeliskloster in Hildesheim. Anlass waren die Veränderungen in diesem Bereich und fehlende empirische Untersuchungen dieses ehrenamtlichen Engagements. Elke Schölper skizzierte die Entwicklungen der letzten 10 Jahre: 2008 gab es eine hauptberufliche Stelle für die Leitung des Lektoren- und Prädikantendienstes, inzwischen sind es 3,5 Pfarrstellen. 2011 wurden erste Curricula entwickelt, erweitert und überarbeitet; es kamen sukzessive Beauftragungen von Amtshandlungen hinzu, neue Ausbildungskurse, wie z.B. die erfolgreiche U25-Lektor*ìnnenausbildung. Die Entwicklung der Prädikanten- und Lektorenarbeit sei eine Erfolgsgeschichte. Im Jahr 1996 habe es in der Landeskirche 1.300 Prädikat*innen und Lektor*innen gegeben, 2020 waren es 1.900 Personen und damit mehr, als Pastorenstellen im Gemeindedienst (1.800), erläuterte die Fachreferentin im LKA.
„Wenn Ehrenamtliche im Verkündigungsdienst zunehmend systemrelevant sind, also gebraucht werden, um unser gottesdienstliches Leben aufrecht zu erhalten, dann muss neu über ihre Einbindung nachgedacht werden“, so Schölper. Das betreffe nicht nur Planung von Gottesdiensten, sondern auch Vergütungsfragen, Fortbildungspflicht, Visitation der Ehrenamtlichen etc. . „Wenn gilt, dass, wer auf der Kanzel steht, auch die ganze Kirche repräsentiert, dann müssen diese Ehrenamtlichen gegebenenfalls auch in die Debatten unserer Kirche stärker eingebunden werden“.
Elke Schölper dankte Dr. Schendel für die Begleitung und Durchführung der Studie. Sie werde zu Änderungen im Lektoren- und Prädikantengesetz sowie bei den Durchführungsbestimmungen führen, kündigte sie an und wies in dem Zusammenhang auf das Problem der „Abstandsgebote“ hin. Die Regularien bringen diese „Abstände“ mit sich, u.a. durch die liturgische Kleidung, die minimale Aufwandsentschädigung, die Teilnahme an Pfarr- und Kirchenkreiskonferenzen oder die nicht klar geregelte Beauftragung bei der Übernahme von Kasualien - ein Thema, das in der Aussprache von der Synodalen Sabine Rösner (Sprengel Hannover) unterstrichen wurde.
In der Aussprache dankten die Synodalen für die Erkenntnisse und Fragestellungen aus der Studie. Marie Kleinhans (Sprengel Hildesheim Göttingen) lobte die U25-Kurse, wies aber darauf hin, dass diese Angebote zu wenig bekannt seien und auch hierbei die persönliche Ansprache wichtig sei.
Auf Antrag der Synodalen Martin Krarup (Sprengel Stade) und Anna Kempe (Lüneburg) wird die Studie dem Ausschuss für Theologie und Kirche zur Beratung sowie dem Ausschuss für Kirchliche Mitarbeit als Material überwiesen.