Projekte "Kirche und Judentum"
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Die Synodalen haben einstimmig beschlossen, ein Konzept zu erarbeiten, wie die Arbeit im Bereich „Kirche und Judentum“ vertieft und breitenwirksam implementiert werden kann.
In der Tagung hatte zunächst Oberlandeskirchenrat Dr. Klaus Grünwaldt den Abschlussbericht des Landeskirchenamtes zu Projekten im Arbeitsfeld zur Implementierung der Kirchen-Verfassungsänderung vorgestellt. „Von Anfang an war klar, dass es nicht bei den Worten des Verfassungstextes bleiben darf, sondern dass die hier ausgesprochene Verhältnisbestimmung einer Vermittlung in die Fläche bedarf.“
Menschen jüdischen Glaubens hätten wieder Angst, in Deutschland ihr Jüdinnen- und Judensein in der Öffentlichkeit zu zeigen, „haben Angst, angegriffen, bespuckt, beleidigt oder geschlagen zu werden“. Das zeige nicht nur der Überfall auf die Synagoge in Halle im vergangenen Jahr, bei dem zwei Menschen getötet wurden, oder Demonstrationen rechtsextremer Parteien. Dr. Grünwaldt nahm auch Bezug auf die Demonstrierenden der Anti-Corona-Maßnahmen. Die Stimmung werde aggressiver, Antisemitismus offener geäußert. Verschwörungsideologien hätten immer ein antisemitisches Betriebssystem, weil der Antisemitismus die älteste Verschwörungstheorie überhaupt sei, zitierte Grünwaldt die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, Annette Kahane.
Widerstand gegen Antisemitismus und Judenfeindschaft sei nicht alleine Aufgabe des Arbeitsfeldes, sondern eine Querschnittsaufgabe aller kirchlichen Einrichtung sowie der ganzen Kirche. „Die Immunisierung gegen antisemitische Vorstellungen, Stereotypen und Klischees kann nicht früh genug beginnen“, sagte der Oberlandeskirchenrat.
Doch das Erheben der Stimme gegen antisemitische Vor- und Ausfälle sei das Eine. „Die Verbundenheit mit unseren jüdischen Verwandten dauerhaft in die Köpfe und Herzen zu bekommen, das Andere.“ Religiös gesehen seien Christen und Juden eine Familie: „Wer Jüdinnen und Juden beleidigt und angreift, beleidigt uns und greift uns an.“ Das Projekt sei ein guter Anfang gewesen. Die Vermittlung müsse jedoch kontinuierlich weitergehen, etwa in Form von Bildungs- und Beziehungsinitiativen, forderte Dr. Grünwaldt.
Dies griff in der anschließenden Diskussion auch die Synodale Maike Maren Selmayr (Sprengel Stade) auf. Für die Pastorin dürfe dies kein Projekt sein, das nach einigen Jahren ende, sondern müsse vielmehr kontinuierlich geschehen. In den kommenden Jahren nähme die Bedeutung ehrenamtlicher Verkündigung zu und hierzu bedürfe es einer qualifizierten Begleitung der Lektor*innen und Prädikant*innen zu den jüdischen Wurzeln der Liturgie: „Für mich bleibt die Ausbildung, Begleitung und Gesprächsfähigkeit von Ehrenamtlichen im Verkündigungsdienst eine bleibende Herausforderung und Aufgabe, die weiter gepflegt und ausgebaut werden muss.“
Der Synodale Dr. Martin Krarup (Sprengel Stade) unterstützte Selmayr hierbei: „Die Wichtigkeit dieses Themas ist für uns alle kaum zu überschätzen.“ Nach der Verfassungsänderung müsse diese Aufgabe, auch unter schwierigeren Bedingungen, in allen Bereichen der Landeskirche fortgesetzt werden.
Zum Abschlussbericht
In der revidierten Verfassung wurde 2020 die Selbstverpflichtung ergänzt, Antisemitismus zu bekämpfen:
„Die Landeskirche ist durch Gotteswort und Verheißung mit dem jüdischen Volk verbunden. Sie achtet seine bleibende Empfehlung und seinen Dienst als Volk und Zeuge Gottes. Im Wissen um die Schuld der Kirche gegenüber Jüdinnen, Juden und Judentum sucht die Landeskirche nach Versöhnung. Sie fördert die Begegnung mit Jüdinnen, Juden und Judentum und tritt jede Form von Judenfeindlichkeit entgegen.“
Zur Implementierung fanden im Zeitraum von 2014 bis 2020 mehrere Projekte statt. So wurden Projekt-Referent*innenstellen geschaffen und nach einem internationalen Kunstwettbewerb die Skulptur „Twins“ des belgischen Künstlers Johan Tahon zum Thema „Ecclesia und Synagoga“ ausgewählt. Seit 2017 steht diese vor dem Landeskirchenamt in Hannover.
Zudem habe es viele Impulse für Gottesdienst, Gemeinde- und Konfirmandenarbeit gegeben. Ein Schwerpunkt lag auch in der Fortbildung von Lektor*innen und Prädikant*innen – besonders auch im Hinblick auf die gestiegene Anzahl alttestamentlicher Texte. Mitglieder mehrerer jüdischer Gemeinden trafen sich in einem Projekt mit Schüler*innen zur Begegnung in Synagogen und in Klassen. Auch das ökumenische Netzwerktreffen von Christen und Juden stärkte den Dialog. Ab 2018 begann mit der Rabbinerin Dr. Ulrike Offenberg in Hannover das Projekt „Eine jüdische Stimme in christlichen Kirchen“. Netzwerke, Dialogveranstaltungen und mediale Vermittlung begleiteten das Projekt, ebenso wie die Entstehung mehrerer Veröffentlichungen.