Startseite Archiv Bericht vom 25. November 2014

Besuch des Ministerpräsidenten

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Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil hat sich vor der hannoverschen Landessynode zur Partnerschaft von Kirche und Staat bekannt. „Das Land braucht gesellschaftliche Kräfte, die mitmachen, und da fällt mir zu allererst die Kirche ein“, sagte der Regierungschef mit Blick auf den 1955 geschlossenen Loccumer Vertrag. Zwar sei der „Staat des Grundgesetzes“ religiös neutral, aber gleichwohl wertgebunden. „Es gibt große, große Schnittmengen zwischen den Werten der Kirche und denen des Grundgesetzes“, so Weil. Anders als in anderen Bundesländern könne er in Niedersachsen keinen nennenswerten Streit in dieser Frage erkennen.

Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels, des veränderten Familienbildes und der digitalen Revolution nannte der Regierungschef als Beispiel der Zusammenarbeit die Bildung, „das Schlüsselthema schlechthin“. Der konfessionelle Religionsunterricht an staatlichen Schulen sei in Niedersachsen nicht strittig. Doch brauche das Land mehr frühkindliche Bildung, vermehrt auch Ganztagsschulen. „Mehr Bildung braucht mehr Zeit“, konstatierte der Ministerpräsident und dankte der Landeskirche für ihre Unterstützung in diesem Bereich.

„Schwieriger“ nannte Stephan Weil die Finanzierung der Krankenhäuser, von denen 17 zum Diakonischen Werk gehörten. Tiefgreifende strukturelle Schwierigkeiten behinderten deren Investitionskraft, das Land unterliege indes den Vorgaben der Schuldenbremse. Auch beim Thema Pflege liege manches im Argen. „Der Schlüssel ist eine angemessene Bezahlung der Pflegekräfte“, wies der Ministerpräsident den Weg zur Lösung der Probleme und dankte dem Diakonischen Werk ausdrücklich für dessen Aktivitäten. „Wir müssen zu allgemein verbindlichen Tarifverträgen kommen.“

Schließlich nannte Weil das Thema Flucht und Asyl. Nach seinen Beobachtungen gibt es heute mehr Menschen als früher, die bereit sind, ihren Beitrag zu einer Willkommenskultur zu leisten. „Ich weiß genau, das sind vor allem auch Kirchengemeinden“, lobte der Ministerpräsident. Doch gebe es noch immer ausländerfeindliche Ressentiments. „Je mehr Menschen sich für Flüchtlinge engagieren, umso enger wird der Raum für Rechtsextremismus“, mahnte Weil zu nicht nachlassendem Einsatz.

Im Anschluss an den Vortrag nutzten mehrere Synodale die Gelegenheit zu Fragen. So wollte beispielsweise Thomas Reisner wissen, ob der Ministerpräsident die Staatsleistungen an die Kirche als problematisch empfinde. „Dabei soll es bleiben“, antwortete Stephan Weil mit Blick auf den Loccumer Vertrag. Auch sollten die Kirchen angesichts ihrer großen Leistungen für die Gesellschaft von der Zahlung der Körperschaftssteuer befreit bleiben.

Jens Rannenberg sprach die Finanzierung der Flüchtlingsarbeit an, für Stephan Weil eine Gelegenheit, den Bund in die Pflicht zu nehmen: „Der Bund tut so, als ob das Thema irgendwo stattfinden würde, aber nicht in Deutschland.“ Die Flüchtlinge von heute seien die Nachbarn von morgen. Gerade Flüchtlinge aus Syrien oder dem Irak könnten in absehbarer Zeit nicht in ihre Heimat zurückkehren. Verstärkte Integrationsmaßnahmen für die Migranten seien notwendig, mahnte der Politiker, „damit sie auch Beiträge für unsere Gesellschaft leisten können.“

Der Abt des Klosters Loccum, Horst Hirschler, sprach das Thema Kirchenasyl an: „Wie stehen Sie dazu?“ Als verantwortlicher Politiker könne er nicht sagen, „dass ich das ganz toll finde“, gestand Weil. Gleichwohl wisse er aus eigener Erfahrung, dass Kirchenasyle oft den Charakter eines Notrufs hätten. Der Ministerpräsident verwies in dem Zusammenhang auf die Einrichtung der Härtefallkommission und grenzte sich von der Vorgängerregierung ab: „Die Praxis ist heute völlig anders.“ Um zu einheitlichen Standards zu kommen, seien Verabredungen mit den Nachbarstaaten notwendig: „Wir brauchen dringend eine harmonisierte europäische Flüchtlingspolitik.“

Mit dem Besuch des niedersächsischen Ministerpräsidenten auf der Tagung der hannoverschen Landessynode sei ein Stück Kirchengeschichte geschrieben worden, sagte Landesbischof Ralf Meister in seinem Dankwort an Stephan Weil. Das Aufeinander-Hören sei ein Kennzeichen des Staat-Kirche-Verhältnisses in Niedersachsen. Protestantismus sei „der christliche Glaube mit dem Antlitz zur Welt“. Mit Blick auf die Theologische Erklärung von Barmen, die die Sorge für Recht und Frieden als Auftrag des Staates beschreibt, erklärte Landesbischof Meister: „Wir haben tiefen Respekt für Menschen, die die politische Gestaltung zu ihrem Beruf machen.“