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Alte und Ältere

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„Udo Jürgens hat das Lied zum demografischen Wandel geschrieben“, sagte Oberkirchenrätin Dr. Heike Köhler, als sie den Bericht des Landeskirchenamts zur Arbeit mit Alten und Älteren vorstellte. „Mit 66 Jahren – da fängt das Leben an“ spiegele die Einstellung der Generation der jungen Alten wider. Eine „radikale Veränderung“ des Älterwerdens stellte Dr. Heike Köhler fest. Mit dem Bericht „Profiliert. Vielfältig. Engagiert. Die Arbeit mit Alten und Älteren in der Landeskirche“ stellt das Landeskirchenamt eine umfassende Auseinandersetzung mit diesem Thema vor.

Die wesentlichen Erkenntnisse des Berichts: Das gefühlte Alter ist viel jünger als das biologische. Alter wird im Kopf gemacht; die subjektive Einschätzung hängt vom jeweiligen Gesundheitszustand ab. Die Rente spielt zum Eintritt ins „dritte Alter“ kaum noch eine Rolle. Der „Unruhestand“ hat sich zu einem weit verbreiteten Wunsch entwickelt. Die jungen Alten wollen ihr Leben aktiv gestalten. Alte blicken heute sehr positiv in ihre Zukunft. Familie und Freunde stehen an erster Stelle. Allerdings steht die Generation der jungen Alten heute auch stärker in der Pflicht, wenn sie sich zum Beispiel um ihre alten Eltern kümmern müssen.

Dr. Heike Köhler betonte: „Arbeit mit Alten ist eine Konstante des Gemeindelebens.“ Am häufigsten ist der Gemeindenachmittag verbreitet. Ferner wird der Besuchsdienst hauptsächlich von älteren Frauen ausgeübt. Ältere Menschen bilden die tragende Säule der musikalischen Arbeit. „Der Spruch ‚mit dem Alter kommt der Psalter’ gilt aber nicht mehr“, stellte Dr. Heike Köhler fest. Bildungsangebote für ältere Menschen seien aber bisher nur ein randständiges Thema gewesen.

Das Haus kirchlicher Dienste organisiert für das nächste Jahr eine Tagung „60+ Kirche“. Außerdem wird am 6. April 2015, dem Tag der älteren Generation, ein Förderpreis für innovative Projekte der Arbeit mit Alten vergeben werden.

„Fakt ist: Wir werden älter und als Kirche werden wir älter als der Durchschnitt der Bevölkerung“, resümierte Dr. Heike Köhler. „Gegen den Wandel können wir uns nicht wehren, wir können ihn nur annehmen und gestalten.“ Aber im Alter liege auch die Zukunft. Es müsse ein Paradigmenwechsel stattfinden: „Wir müssen das Profil der Arbeit mit Alten und Älteren neu ausrichten und schärfen.“ Die Generation der aktiven Alten muss anders wahrgenommen und angesprochen werden. Der Alterswandel müsse gleichzeitig als Querschnittsthema behandelt werden, er „betrifft viele Bereiche kirchlichen Lebens“, so die Oberkirchenrätin.

Dr. Karin Köhler (Diekholzen) unterstützte das Votum für einen Paradigmenwechsel und stellte den Antrag, den Ausschuss für Bildung an der weiteren Bearbeitung des Papiers zu beteiligen. Sie sei mit dem Thema angetreten: „Bildung von der Wiege bis zur Bahre“

Alwin Pfanne (Aurich) berichtete, dass die Generation der Frührentner sich gerne handwerklich beteiligen. In seiner Gemeinde arbeiteten über 40 Ehrenamtliche an der Reparatur des Kirchturms mit. „Hätte man eine Bibelarbeit angeboten, wären wohl nicht so viele gekommen.“ Außerdem betonte er, dass die Älteren sich dafür einsetzen sollten, dass sich die jüngere Generation in ihren Städten und Gemeinden wohl fühlen können.

„Als ich 59 Jahre alt wurde, begrüßte mich die Stadt Laatzen als ‚junge Seniorin’“, berichtete Magdalena Hentschel (Laatzen), „bin ich alt oder älter?“ Sie habe sich in dem Aktenstück nicht wiedergefunden. Magdalena Hentschel hob ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement hervor und forderte: „Ich möchte nicht, dass mit mir gearbeitet wird – ich möchte mitarbeiten.“
Ein anderes Thema, das ihr wichtig ist: „Viele Menschen haben nur wenig Rente. Die müssen wir stützen, aber nicht ‚bekuscheln’.“
Magdalena Hentschel beantragte, den Jugendausschuss auch an der weiteren Bearbeitung des Berichts zu beteiligen.

Für Kerstin Dede (Hannover) ließ der Bericht zur Arbeit mit Alten und Älteren viele Fragen offen: „Welche Altersbilder haben wir in 20 Jahren? Werden wir uns engagieren oder reisen? Wie können wir ohne Mittel unser Alter gestalten? Können Großeltern hilfreich sein für die junge Generation?“ Sie regte an, in Loccum eine Akademietagung zu diesen Fragen durchzuführen, sollte sich diese nicht inhaltlich mit der Tagung des Hauses kirchlicher Dienste überschneiden. Außerdem soll auf ihren Antrag hin das Diakonische Werk Niedersachen prüfen, ob mehr bezahlbare Wohnprojekte eingerichtet werden können.

Jens Rannenberg (Gifhorn) kritisierte, dass die Beispiele aus dem Bericht die Neuausrichtung der Altenarbeit nicht abbilde: „Die Best Practice Beispiele zeigen immer noch Arbeit für statt mit Älteren.“ Außerdem fehlte ihm in dem Bericht des Landeskirchenamtes die diakonische Arbeit. Er stellte den Antrag, dass der Diakonieausschuss den Bericht federführend weiterbehandelt. Der Jugend- und der Bildungsausschuss sollen den Prozess begleiten.

Dr. Uwe Brinkmann (Osterholz/Harz) hob hervor, dass die wesentlichen Aufgaben der Gemeindeorganisation und -leitung in seiner Gemeinde von der Generation der jungen Alten geleistet werden. „Der KV ist voll von jungen Senioren.“ Er sehe allerdings Probleme, wenn auf eine Pastorenstelle 120 Altenheimplätze kommen. Als Mitglied der Babyboomer-Generation warnte er: „Wenn wir in den Ruhestand gehen, sind wir wieder zu viele!“

Bodo v. Bodelschwingh (Eydelstedt) mahnte: „Ältere Ehrenamtliche geben das Kostbarste, was sie haben: ihre Lebenszeit!“ Damit müsse verantwortungsvoll umgegangen werden. Personalmanagement und Bildungsangebote müsse professionalisiert werden.

Dr. Christoph Künkel (LKA) verteidigte: „Das Aktenstück konnte nicht vollständig sein. Deshalb ist es ein Querschnittsthema.“ Er schlug vor, die Probleme zu fokussieren und dann die konkreten Fragestellungen abzugeben. Künkel appellierte, Selbstbestimmung und Fürsorge nicht gegeneinander zu denken, sondern als Einheit im christlich-diakonischen Kontext. Er versicherte außerdem, dass die Themen Altersarmut und Wohnprojekte bereits behandelt werden. Der technische Wandel müsse auch aus ethischer Perspektive betrachtet werden.

Dr. Detlef Klahr (Landessuperintendent Ostfriesland-Ems) ergänzte, dass der Seelsorgeausschuss der Landessynode ein Lesebuch unter dem Titel „Aufbruch ins Alter. Lebenskunst für Fortgeschrittene“ erarbeitet. Dieses Lesebuch erscheint bald. Ferner forderte er dazu auf, alte Rollenbilder zu überdenken. Die skypende Großmutter sei genau so ein Klischee wie die vereinsamten Einsiedler.

Verena Selck (Neustadt) forderte, generationenübergreifend zu arbeiten. „Viele Älteren fliehen, wenn sie das Etikett ‚Senioren’ sehen.“

„Wir sind eine Generation zwischen den Generationen“, stellte Dr. Bettina Siegmund (Leer) fest. Sie wünscht eine stärkere Unterscheidung zwischen der Gruppe der pflegebedürftigen Alten und der Gruppe der aktiven Alten.

Karsten Beekmann (Aurich) regte an, mit Milieudaten passgenaue Angebote zu entwickeln. Er schlug vor, zum Beispiel mit den Ergebnissen der Sinus-Milieu-Studie zu arbeiten, um sich ein genaues Bild von den Gemeindegliedern zu machen.