Startseite Archiv Bericht vom 26. November 2013

Bischofsbericht: Schriftverständnis und Lebensformen II

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Ralf Meister, Bischof der hannoverschen Landeskirche, sieht in der Frage wie „die“ Bibel von „der“ Ehe spreche, eine unsachgemäße Vereinfachung. „Die Bibel ist vielmehr eine Bibliothek von Schriften mit sehr unterschiedlichem Inhalt auch in Bezug auf die verschiedenen Lebensformen, die in ihr begegnen.“ In seinem Bericht vor dem Kirchenparlament in Hannover bezog er Position zu biblischen Äußerungen über Homosexualität.

In der Bibel sei eine Vielfalt von Lebensformen gegenwärtig: Über Polygamie, Leihmutterschaft und Leviratsehe, also der Ehe eines Mannes mit der Frau seines kinderlos verstorbenen Bruders zum Zweck der Zeugung eines Erben für den Verstorbenen, gebe es eine große Unterschiedlichkeiten von Partnerschaften. Daraus könnte nicht unmittelbar unser heutiges Eheverständnis abgeleitet werden. „Aus den biblischen Schriften lässt sich nicht unmittelbar eine Norm darüber ableiten, wie wir heute verbindliches Zusammenleben verstehen wollen und welche Lebensformen wir als Kirche segnen wollen“, so Meister weiter.

Das bedeute schlussendlich, so Meister, die zweifelslos eindeutig negative Wertung von homosexuellen Praktiken in den biblischen Schriften „kann keine Norm für unsere Beurteilung von Homosexualität abgeben.“ Daher müsse das negative Urteil der Bibel über Homosexualität nicht heutiges theologisches Urteil sein.

Meister nahm Bezug auf die landeskirchlichen Debatten zum Thema in den zurückliegenden zwanzig Jahren. Er würdigte die langsame Schrittfolge mit der Einführung der Fürbittandacht für homosexuelle Paare als berechtigt. Bereits 2003 hatte die VELKD die Möglichkeit von Fürbittandachten und Segenshandlungen für gleichgeschlechtliche Partnerschaften  in den "Leitlinien kirchlichen Lebens" festgehalten. Diesen Weg würde die hannoversche Landeskirche nun weiter gehen. Im Zentrum für Gottesdienst und Kirchenmusik werde zurzeit an einem Formular gearbeitet, das dann zur Segnung von homosexuellen Paaren verwendet werden könne.

Meister ging auf grundsätzliche theologische Überlegungen zum Segen ein. Segen ginge vom Urheber des Segens aus. Es sei der Blick darauf zu richten, dass es keine sozialen, religiösen und geschlechtlichen Differenzen im christlichen Glaube geben solle. Mit Bezug auf Paulus führte Meister aus: „Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau, denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus“ (Gal 3,26-28). Der hannoversche Bischof fügte dem biblischen Zitat noch den Zusatz „hier ist nicht heterosexuell noch homosexuell“ hinzu.

In den Auseinandersetzungen in dieser Debatte mit anderen lutherischen Kirchen weltweit müssten die verschiedenen Traditionen sich allerdings davor hüten, sich gegenseitig den Glauben abzusprechen. „Die Diskussion verlangt von uns eine intensive Kommunikation unseres Verständnisses der Bibel und der unterschiedlichen Auslegungstraditionen.“