Zukunftsplanungen werden neu justiert
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Ein Jahr nach dem Startschuss zu einem Zukunftsprozess hat die Landessynode auf ihrer Frühjahrstagung entscheidende Weichen für ihre Zukunftsplanungen neu gestellt. Ein Schwerpunkt lag bisher auf der Partizipation von Ideen auf einer digitalen Plattform. Da die Beteiligung nicht die erhoffte Resonanz gebracht hat, entschied sich die Landessynode nach einer kontrovers und engagiert geführten Debatte am Freitag mit knapper Mehrheit für eine Neujustierung der Zukunftsplanungen.
Zum Stand des Zukunftsprozesses (ZP) in der Hannoverschen Landeskirche hatten zunächst Christine Rinne (Sprengel Hannover) und Regionalbischof Friedrich Selter (Sprengel Osnabrück) als Vorsitzende des Koordinierungsrates (KoRa) für den Zukunftsprozess ihren Bericht vor der Landessynode vorgestellt.
In einem knappen Rückblick auf Genese und Start des Zukunftsprozesses erinnerten Friedrich Selter und Christine Rinne dabei an den Auftrag, unter dem Titel „Gemeinsam mehr sehen“ künftige Zielbilder von Kirche zu entwickeln. Das Besondere am Zukunftsprozess der Landeskirche sei, dass er als lernender Prozess angelegt wurde, sagte Selter.
Die Offenheit und Weite dieses Prozesses und das Ermöglichen seiner breiten Beteiligung hätte großes Erkenntnispotential geboten, aber auch Probleme. Die Beteiligung an dem Prozess bleibe „hinter den Erwartungen zurück“. Gründe seien möglicherweise, dass weder Ziel noch Mehrwert einer Beteiligung für die Nutzenden erkennbar seien, erläuterten die beiden Vorsitzenden des Koordinierungsrates. Es sei zudem nicht gelungen, Interesse einer Beteiligung bei Menschen zu wecken, die die Kirche aus kritischer Distanz begleiteten. Der Prozess sei noch nicht in der Fläche angekommen, analoge Formate fehlten bisher fast vollständig. Nicht zuletzt stehe die Arbeit des Zukunftsprozesses unter einem hohen Zeitdruck.
Vor diesen Hintergrund empfahlen die beiden KoRa-Vorsitzenden der Synode eine tiefgreifende Umsteuerung des Zukunftsprozesses. Man habe mit dem Zukunftsprozess-Team seit Mitte Februar gemeinsam und gesondert in zahlreichen Sitzungen und Gesprächen die jeweiligen Rollen kritisch reflektiert und über Möglichkeiten und Bedingungen einer Umjustierung des Zukunftsprozesses nachgedacht sowie unterschiedliche Perspektiven diskutiert. Zwei Alternativen stellten die beiden Vorsitzenden der Synode vor:
- „Erstens: Der Zukunftsprozess läuft weiter, jedoch deutlich umgesteuert auf eine Arbeit an konkreten Themen und stärker als bisher in präsentischen Formaten, die Themen auch regional verortet. Leitend sind Themenfelder, die stark die Ergebnisse der Planungsprozesse in den Kirchenkreisen berücksichtigen.
- Zweitens: Der Zukunftsprozess wird in seiner bisherigen Organisationsform beendet. Seine weiterführenden Elemente, Potentiale und Ergebnisse, die im bisherigen Prozessverlauf herausgebildet wurden, werden weiter nutzbar und fruchtbar gemacht. Als essenziell sehen wir es an, dass es weiterhin Experimentierräume gibt, die nicht durch bisherige Strukturen und Hierarchien determiniert sind.“
Der Vorschlag an die Synode lautete, die beiden Varianten zu diskutieren, Positionen aus ihrer Mitte zu sammeln und den Landessynodalausschuss zu beauftragen, eine Entscheidung für eine der beiden Entscheidungsempfehlungen des Koordinierungsrates zu beschließen.
Christine Rinne und Friedrich Selter dankten abschließend allen, die bisher mit auf diesem Weg des Zukunftsprozess unterwegs sind.
In der ausführlichen und ehrlichen Aussprache im Anschluss an den Bericht des Koordinierungsrates dankten viele Synodale in ihren Wortbeiträgen dem Koordinierungsrat und ZP-Team für die bisher geleistete Arbeit und aufgewendete Zeit. Deutlich wurde in der Debatte, dass die Entscheidung über den Zukunftsprozess die Landessynode treffen müsse und sie nicht delegiert werden solle.
Als Frage wurde aufgeworfen, ob ein „Beenden“ des Prozesses als Scheitern verstanden werden würde und ein schlechtes Signal mit demotivierender Wirkung für die Landeskirche sei. Das gelte insbesondere für all diejenigen, die sich bereits „auf den Weg“ gemacht hätten. Zahlreiche Synodale nannten Projekte in ihren Kirchenkreisen, die auch als Initiativen im Rahmen der Zukunftsprozesse auf Kirchenkreis-Ebene gestartet seien. Müsse der Zukunftsprozess als offener, lernender Prozess mehr Zeit bekommen? Man habe die ergebnisoffene Arbeitsweise und die ungewöhnlichen Wege doch gewollt.
Benannt wurde zudem die Verantwortung der Synode als Auftraggeberin des Prozesses, die auch über den Fortbestand des Projektes zu entscheiden habe. Überrascht zeigten sich einige Synodale von der als plötzlich empfundenen Wende im Zukunftsprozess. Man habe mit konkreten Zahlen und ersten Ergebnissen gerechnet. Nicht mit der Infragestellung des Prozesses als solchem.
Jörn Surborg, Vorsitzender der Landessynodalausschusses, betonte gegen Ende der fast zweistündigen Aussprache, Scheitern müsse erlaubt sein. Wenn man erkenne, dass der eingeschlagene Weg nicht gut sei, müsse man nach einem neuen suchen. Er regte an, über alle vorliegenden Anträge in Ruhe zu sprechen und die Sitzung dafür zu unterbrechen. In den Anträgen der Synodalen ging es im Grundsatz darum, entweder dem Zukunftsprozess in seiner bisherigen Form noch mehr Zeit zu geben oder ihn geordnet zu beenden und die Zukunftsüberlegungen der Landeskirche neu zu justieren.
Die Landesynode unterbrach daraufhin ihre Sitzung und vertagte die Abstimmung auf den Nachmittag.
In der nachmittäglichen Plenarsitzung entschied sich die Landessynode dann mit knapper Mehrheit für eine Neujustierung der Zukunftsplanungen.
Initiativen, die innerhalb des Prozesses entstanden sind, sollen fortgeführt und weiter begleitet werden. Bewährte Elemente bleiben bestehen. Andere Reformprozesse auf Ebene der Landeskirche wie etwa zu kirchlichen Berufen oder zur Kirchenverwaltung sollen künftig deutlicher miteinander verzahnt werden. Dieses gilt auch für bereits laufende Zukunftsprozesse und -projekte, die die Kirchenkreise, Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen gestartet haben. Auch sie sollen ein stärkeres Gewicht bei den landeskirchlichen Zukunftsplanungen haben.
Im Beschluss der Landessynode heißt es weiter, dass der Koordinierungsrat für den Zukunftsprozess, der mit Vertreterinnen und Vertretern der kirchenleitenden Gremien besetzt ist, ein Konzept für die Überführung des Zukunftsprozesses in eine andere Organisationsform entwickeln soll. Der Koordinierungsrat wird das Ergebnis an den Landessynodalausschuss berichten, der zwischen den Tagungen die Aufgaben der Landessynode wahrnimmt.