Startseite Archiv Bericht vom 28. Juni 2005

"Zukunft gestalten" - Rolf Bade stellt das Ergebnis des Perspektivausschusses vor

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Der Vorsitzende des Perspektivausschusses, der Synodale Rolf Bade, hat den Bericht „Zukunft gestalten – Perspektiven und Prioritäten für das Handeln der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers“ vorgetragen. Sein erster Appell lautete: „Die Auseinandersetzung darf nicht personenbezogen geführt werden, sondern muss sachbezogen sein“. Es ginge um den Mut, jetzt Entscheidungen zu treffen, die die Kirche zukunftsfähig machen. „Wir spüren die Verantwortung, aber wir haben den Mut, diese Verantwortung anzunehmen“, rief Bade den Synodalinnen und Synodalen zu. Die Synode werde sich entscheiden müssen. Niemand sei im Besitz der allein richtigen Antwort und Alleinvertretungsansprüche seien abzulehnen.

Die große Linie des Papiers orientiere sich an den Perspektiven, die Landesbischöfin Margot Käßmann im letzten Sommer vor der Synode vorgetragen habe: „Glauben weitergeben, Dienst am Nächsten leisten, Orte christlicher Feier erhalten“. Der Ausgangspunkt aller Überlegungen sei weiterhin die Kirchengemeinde, dazu kämen die übergemeindlichen Dienste. Junge Menschen seien unbedingt mit der Verkündigung zu erreichen, sonst würde ein überlebenswichtiger Auftrag verfehlt. Kulturelles Gedächtnis sei weiter zu fördern und zu erhalten. Außerdem sei eine öffentliche und lautstarke Einmischung der Kirche unverzichtbar, so der Vorsitzende des Perspektivausschusses.

Im Einzelnen seien folgende Punkte bestimmend gewesen:

1. Die Volkskirche wandelt sich, auch wenn zur Zeit noch 53% aller Deutschen Glieder der evangelischen Kirchen sind. Da die Zahlen wahrscheinlich zurückgehen werden, verändert sich die Kirche von einer Kirche des Volkes zu einer Kirche für das Volk. Trotzdem soll sie sich ihrem Auftrag gemäß an alle Menschen wenden. Eine Nischenkirche sei nicht gewollt, und in der Fläche und im öffentlichen Bewusstsein soll Kirche präsent bleiben.

2. Es soll ab jetzt eine Umkehr der Beweislast gelten: Nicht mehr die lange oder gute Tradition einer Aufgabe ist maßgebend, sondern ihre herausragende Bedeutung für die Zukunft des Protestantismus in unserem Land. Das so genannte Rasenmäherprinzip helfe nicht mehr weiter, weshalb es Mut brauche, auch mit Traditionen zu brechen.

3. Ein unverwechselbares Profil wird zum entscheidenden Entscheidungskriterium. Deshalb seien Angebote, die auch andere machen oder sogar besser machen können, zu überprüfen.

Nach diesen einführenden Bemerkungen kam Bade zu den konkreten Empfehlungen. Die Priorität sei, den Haushalt bis 2011 ausgeglichen zu gestalten. Auf alle Haushalte übertragen, bedeute dies ein Einsparziel von 15% der Gesamtmittel. „Wer einen anderen Weg haben will, muss ein Gegenkonzept vorschlagen“, so Bade. Die Ernsthaftigkeit der Lage zwinge zur Akzeptanz des Sparziels, alles andere wäre ein Fliehen vor der Verantwortung. Bade wies eindrücklich darauf hin, dass dieses Ziel auch erreicht werden könne. „Mancher Finanzminister wäre froh, wenn er eine solch realistische Perspektive hätte“, so Bade unterm dem Applaus des Parlaments.

Die Etappenziele in diesem Vorschlag werden vom Ausschuss folgendermaßen benannt:

1. Die Personalkosten müssen, so Bade, reduziert werden, um die Handlungsfähigkeit zu erhalten. Das Amt des Gemeindepastors, der Gemeindepastorin soll jedoch seine zentrale Stellung behalten. Pastorinnen und Pastoren sollen sich wieder stärker eigenen Aufgaben zuwenden. Die Mitarbeiterstellen in der Kirche sollen um 1/3 gekürzt werden und es solle ein eigenes Tarifsystem entwickelt werden wie in der Landeskirche von Hessen-Nassau.

2. Eine Mindestgröße für Kirchengemeinden sei nicht vorzuschlagen. Diese sei im Stellenplan und bei den Zuweisungsrichtlinien der Kirchenkreise zu diskutieren. Den Kirchenkreisen werde mehr Verantwortung und Autonomie zuwachsen

3. Die Sachkosten seien dramatisch zu senken. Das sei nicht nur eine Steuerungsaufgabe der Landeskirche, sondern auch der Kirchenkreise und Gemeinden. Auf allen Ebenen müssten Sach- und Overheadkosten eingespart werden. Folgende Vorschläge des Perspektivausschusses lägen auf dem Tisch: Kirchen müssten gegebenenfalls in ein christliches Gemeindezentrum umgestaltet werden, ein Erhalt von Beratungsstellen sei am Wirkungsgrad zu messen, Diakonie- und Sozialstationen seien zusammenzulegen, Geschäftsstellen zu verkleinern und Aufgaben des Landeskirchenamtes in Kirchenkreise zu verlagern.

4. Eine Verkleinerung von übergemeindlichen Einrichtungen und Arbeitsfeldern sei anzustreben. Harte Einsparungen etwa beim Haus kirchlicher Dienste und beim Ev.-luth. Missionswerk seien unumgänglich. Der Perspektivausschuss schlägt vor, das Lutherstift Falkenburg, das Internat der Paul-Gerhardt Schule Dassel, diverse Studentenheime, ein Predigerseminar und die evangelische Fachhochschule eventuell sogar ganz aufzugeben. Evangelische Kitas sollen analog zum Geburtenrückgang gekürzt werden.

5. Trotzdem seien, so der Ausschuss, auch Investitionen weiterhin wichtig. Folgende Aufgaben sollen ausgebaut werden:
• Förderung der ehrenamtlichen Tätigkeit,
• Entwicklung diakonischer Projekte,
• Bildungs- und Jugendarbeit.
• Förderung zündender Ideen in Gemeinden,
• Verbreitung der Stiftungsidee,
• mehr Schulen in evangelischer Trägerschaft unter günstigen Finanzierungsbedingungen.

Zum Abschluss wies der Vorsitzende des Perspektivausschusses ausdrücklich darauf hin, dass der Umgestaltungsprozess heute beginnen, aber heute nicht abgeschlossen werden könne: „Wir müssen diese Entscheidung treffen, damit unsere Landeskirche ihre Gestalt behält. Es geht heute um eine Verantwortungsübernahme, auch wenn das mit Kritik einhergehen sollte“.

Die weitere Beratung der Vorschläge des Perspektivausschusses soll nun an die einzelnen Ausschüsse der Synode überwiesen werden. Konkrete Entscheidungen sollen in der November-Sitzung der Landessynode gefasst werden.