Startseite Archiv Bericht vom 01. Juli 2005

Landesbischöfin: „Lutherische Spiritualität heißt, in der Gesellschaft wirken!“

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„Es gibt keinen Weg zurück nach Rom für lutherische Theologie. Aber es gibt die Notwendigkeit eines gemeinsamen Zeugnisses mitten in der Welt.“ Das sagte Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann im zweiten Abschnitt ihres Bischofsberichtes unter dem Stichwort Spiritualität. Das Geschehen auf dem Petersplatz rund um den Tod von Papst Johannes Paul II. und die Wahl Josef Ratzingers zum neuen Papst hätten gezeigt, „dass die Themen der Reformation aktuell geblieben sind“. Die Überlegungen zur Selig- und Heiligsprechung Karol Woytilas seien mit Luthers Ablehnung von Heiligenverehrung „schlicht nicht in Einklang zu bringen“, kritisierte die Landesbischöfin. Als lutherische Christen sollten wir „gelassen und ruhig unser Kirchenverständnis praktizieren und dabei den Weg der Ökumene selbstbewusst vorangehen“.

Bei ihren Überlegungen zu einem zeitgemäßen Verständnis von Spiritualität erinnerte Käßmann an den 2. Juli 1505, an das Gelübde Martin Luthers unter dem Eindruck eines schweren Gewitters: „Hilf du, St. Anna, ich will ein Mönch werden!“ Die tiefe Lebensangst und elementare Gottesfurcht Luthers sei den meisten Menschen heute abhanden gekommen. Das Bibelstudium sei aber das „zentrale Vermächtnis Luthers, wenn wir einen Zugang zur Spiritualität suchen.“

Mit Christian Möller sprach sich die Landesbischöfin für ein Verständnis von Spiritualität aus, das nicht in Weltflucht bestehe, sondern den „Schatz des Evangeliums in zerbrechlichen Gefäßen von Menschen zum Leuchten“ bringt. Die Begeisterung für das Alltägliche und Nächstliegende, die Freude am Sinnlichen und das herzliche Verlangen nach dem Kommen und Wiederkommen Jesu Christi seien weitere Kennzeichen lutherischer Spiritualität.

Im abschließenden dritten Abschnitt ihres Berichts nannte Käßmann als ein Beispiel christlicher Praxis das Thema Flüchtlinge. Die versuchte Abschiebung von Zahra Kameli hätte gezeigt, dass Recht und Mitmenschlichkeit in einem krassen Gegensatz stehen können. Ausdrücklich dankte die Landesbischöfin allen, die sich für Zahra Kameli eingesetzt haben, „vor allem dem Piloten sowie dem Arzt an Bord jener Maschine nach Teheran“. Vor dem Hintergrund vieler anderer von Abschiebung bedrohter Menschen kündigte Käßmann Widerspruch an, „wenn geltendes Recht der Menschlichkeit widerspricht“. Dies gebiete die Erinnerung an Jesus, der gesagt hat: „Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.“ Evangelische Spiritualität meine eben dies: „Wissen, wo ich stehe, geistliche Kraft schöpfen und von dort aus in der Gesellschaft wirken.“