„Eine individuelle oder individualisierte, regelmäßige Ansprache, wie sie das Konzept der Kirchenpost vorsieht, kann helfen, die Distanz vieler Mitglieder zur Kirche zu überwinden“, so fasst Joachim Lau, Direktor der Evangelischen Medienarbeit (EMA), am Dienstagabend die Zielsetzung des Konzeptes zur Mitgliederkommunikation zusammen. Es sei bekannt, dass ein Austritt oft einer längeren Phase ohne Kontakt vorausgehe – eine Lücke, die das neue Konzept schließen soll.
Lau machte deutlich, dass das Thema Mitgliederkommunikation mittels Dialogkommunikation oder Dialogmarketing und insbesondere Mailings per Post oder digitaler Post in vielen Landeskirchen Deutschlands diskutiert und erprobt werde und betonte: „Die Frage ist also weniger: Ergibt das einen Sinn, als vielmehr: Wie soll es gehen?“
Erfahrungen aus dem Pilotprojekt zeigten, dass derzeit nur bis zu 12 Prozent der Kirchenmitglieder individuell und regelmäßig angesprochen würden. Die neue Mitgliederkommunikation soll laut Lau alle Mitglieder mindestens einmal jährlich kontaktieren und über zentrale Lebensereignisse wie Taufen, Hochzeiten oder Geburtstage als Kontaktpunkte Brücken zur Gemeinde schlagen. Ein besonderes Merkmal des Konzepts ist die Einbindung lokal Agierenden: „Der Grundgedanke, dass die Absenderin möglichst der Diakon oder die Pastorin vor Ort ist, liegt nahe“, sagte Lau. „Falls dies nicht möglich ist, kann es auch die Superintendentin oder sogar der Landesbischof sein – warum nicht?“
Das Konzept sieht eine Einführung in mehreren Schritten vor, die innerhalb von drei, fünf oder sieben Jahren umgesetzt werden könnte. Eine Einführung über fünf Jahre, wie sie vom Finanzausschuss und dem Landessynodalausschuss favorisiert werde, würde in den ersten beiden Jahren je 2,5 Mio Euro kosten.
Die Kosten umfassen unter anderem Software, Personal und externe Dienstleistungen wie Grafikleistungen. Joachim Lau betonte jedoch, dass diese Schätzungen flexibel bleiben müssen.
Sie sind einsehbar unter https://kirchenpost.landeskirche-hannovers.de/doku.
Lau räumte auch ein, dass die Einführung der Kirchenpost auf Widerstände stoßen könnte – insbesondere bei Menschen, die der Kirche nahestehen und mit Veränderungen ringen. „Wir werden eine Spannung aushalten müssen: Zwischen möglichen ersten Widerständen der hoch Verbundenen und der positiven Wirkung bei den Suchenden, die wissen möchten, was ihnen ihre Kirche bringt.“
Ein Fachtag am 2. September 2025 für Mitarbeitende soll dazu dienen, Erfahrungen auszutauschen, Fortschritte zu analysieren und Strategien weiterzuentwickeln. „Wenn wir uns auf diesen Weg machen, beginnt eine neue Kommunikation, die uns alle fordern wird“, schloss Lau. „Doch sie wird auch zeigen, wie reich die Kirche ist – an Beziehungen, an Geschichten und an der Vielfalt von Gottes Wirken.“
Aussprache:
Kommunikation und die direkte Ansprache werden als zunehmend zentral erkannt, wie Christian Berndt (Sprengel Lüneburg) in der Aussprache betonte. Er berichtete von positiven Erfahrungen aus dem Pilotprojekt in seinem Kirchenkreis und sagte: „Die Menschen kommen nicht mehr von alleine zu uns, sondern wir müssen auf sie zugehen.“
Jörn Surborg (Sprengel Hildesheim-Göttingen) unterstützte diese Perspektive: „Es ist an der Zeit, es einmal auszuprobieren.“ Er erinnerte daran, dass auch ein vor einigen Jahren geplanter, letztlich dann nach Widerständen gestoppter Bischofsbrief direkt an die Mitglieder anfangs auf Widerstand stieß. „Diese Zeiten sind vergangen, das hat sich verändert.“
Skeptisch äußerte sich Birgit Spörl (Sprengel Stade), die darauf hinwies, wie essenziell die persönliche Begegnung sei: „Wichtig ist die Kommunikation des Evangeliums. Ich habe kein großes Vertrauen in einen regelmäßigen Brief.“ Sie warnte vor zu hohen Erwartungen und plädierte für einen ausgewogenen Umgang mit Ressourcen.
Harm Cordes, (Sprengel Stade) bekannte sich als zunächst großer Skeptiker. Seit Laus Vortrag im von Cordes geleiteten Schwerpunkteausschuss habe er jedoch den Nutzen des Projektes erkannt.
Joachim Lau (Direktor der EMA) griff die Anregungen und Bedenken im Schlusswort auf. Er unterstrich die langfristige Perspektive: „Wir wollen das Evangelium weitertragen, wir wollen werbend sein für unsere Sache.“ Erfahrungen aus Bayern hätten gezeigt, dass Mitgliederkommunikation die Bindung in fast allen Altersgruppen stärken könne. Angesichts der Herausforderungen rief Lau zu einem Versuch auf: „Jetzt ist der Moment, es auszuprobieren. Wir müssen heute den Menschen erklären, warum es gut ist, in der Kirche zu sein.“
Anträge:
Der Antrag 52, eingebracht durch Ann-Marie Reimann (Sprengel Hannover) zum Aktenstück 103A wurde mit großer Mehrheit angenommen: „Das Landeskirchenamt wird gebeten, die Option zu prüfen, die CRM-Datenbank zur Mitgliederkommunikation, für die Organisation und Verwaltung von Anmeldungen zu kirchlichen Veranstaltungen zu nutzen.“
Der Antrag 53, eingebracht durch Nina Hollung (Sprengel Lüneburg), wurde einstimmig angenommen: „Der Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit möge das Projekt Mitgliederkommunikation begleiten. Dem Ausschuss ist regelmäßig über das Projekt, seinen Fortschritt und seine Ergebnisse zu berichten.“
Die Synode wird über das Projekt im Rahmen der Haushaltsplanberatung beschließen, die den Ausbau der Mitgliederkommunikation als einen zentralen Investitionspunkt vorsieht. Die Abschlussabstimmung ist für den letzten Tag dieser Tagung (Freitag, 29. November 2024) geplant.