Diakonisches Werk: Wir werden politischer

Eine männlich lesbare Person an einem Rednerpult

„Wir sind Anwalt für die, deren Stimme gerne überhört wird“ - mit dieser Charakterisierung des Diakonischen Werks evangelischer Kirchen in Niedersachsen (DWiN) begann Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke seinen Bericht vor der hannoverschen Landessynode. „Den Dreiklang von Fachlichkeit, Wirtschaftlichkeit und diakonischem Profil bringen wir im Alltag zum Klingen.“

Zehn Jahre nach seiner Gründung stehe das DWiN „stabil und gefestigt“ da. „Gerne und mit Leidenschaft setzen wir uns für gute Bedingungen diakonischer Arbeit ein: bei den Trägerkirchen, dem Land und den Kommunen sowie den Kassen und über die Mitarbeit in Bundesgremien auch auf Bundesebene“, führte Lenke aus. In den letzten Jahren sei das DWiN als größter Wohlfahrtsverband in Niedersachsen deutlicher als politischer Akteur erkennbar geworden. „Wir werden dies in den kommenden Jahren noch verstärken.“

Anhand von drei Schlaglichtern verdeutlichte Lenke, warum die politischen Entscheidungen direkte Auswirkungen auf die Arbeit der Diakonie habe: Durch die Kürzungen des Zuschusses zur Bundesagentur seien Maßnahmen zur Integration von Menschen in den Arbeitsmarkt stark unter Druck geraten. „Konkret: die Jobcenter kaufen weniger Leistungen bei den Jugendwerkstätten ein. In diesen Werkstätten werden aber Jugendliche gefördert, die bislang wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt hatten.“ Hier zu kürzen sei fatal, denn so rutschten die jungen Erwachsenen leicht in den Bezug von Bürgergeld, anstatt die Perspektive auf eine Ausbildung zu haben. 

Ebenfalls kurzsichtig sei bei Sprachkursen für Menschen mit Migrationshintergrund die finanziellen Mittel zu streichen. „Laut neuen Studien sind wir in Deutschland pro Jahr auf eine Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt von 300.000 Menschen angewiesen“, so der Theologe. Die verschärfte Tonalität in der Politik, die auch in den bürgerlichen Parteien um sich greife, sei angesichts dieser Fakten nicht nachvollziehbar. Hier sei Politik gefragt, die mittlerweile „absurde gesellschaftliche Diskurslage“ hin zu Sachlichkeit zu verändern.   

Als dritten Punkt benannte Lenke die stetig wachsende Professionalität in der Arbeit der Diakonie und lud dazu ein, dass Gemeinden diese nutzten: „Wir im DWiN werden auch künftig unsere Mitglieder intensiv beraten und begleiten. Fachberatung ist eine Kernaufgabe. Nutzen Sie diese gern.“

In der anschließenden Aussprache wiesen die Synodalen auf die verschiedenen Aspekte diakonischer Arbeit hin. „Diakonie kommt Menschen ganz nahe, etwa in der Pflege“, so Uta Szameitat (Sprengel Lüneburg). Wie sich die Kürzungen in der Entwicklungshilfe im Bundeshaushalt auf die Arbeit von „Brot für die Welt“ und die „Diakonie-Katastrophenhilfe“ auswirkten, thematisierte der Synodale Dr. Jörg Zimmermann aus dem Sprengel Lüneburg. Norbert Wolf (Sprengel Stade) erzählte von Erfahrungen lokaler Jobcenter, denen die Kürzungen im Bundeshaushalt bereits Sorgen bereiteten. „Ich habe den Wunsch, dass wir Kitas und damit die Bedürfnisse von Kindern als Gesellschaft und Kirche mehr in den Blick nehmen“, appellierte Christine Rinne (Sprengel Hannover). Cordula Schmid-Waßmuth (Sprengel Hannover) wollte wissen, wie eine gute Lobbyarbeit zu koordinieren sei, um gegen die „katastrophalen“ Kürzungen im Bereich der Entwicklungshilfe politisch einzuwirken. Bernd Rossi (Sprengel Göttingen) wies abschließend darauf hin, dass jeder Euro, der in den Jugendwerkstätten ausgegeben werde, zukünftig mehrere Euro im Bürgergeld spare. Der Antrag von Ines Trzaska (Sprengel Hannover), den Bericht des DWiN in den Diakonieausschuss zur weiteren Beratung zu überweisen, wurde mehrheitlich angenommen.