„Sein Wirken war bahnbrechend“ – Trauerfeier für Hans-Jürgen Meyer
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Regenbogenfarbene Blumen auf dem Sarg, "My way" von der Orgel gespielt und ein volles Kirchenschiff: In einem feierlichem Gottesdienst in der hannoverschen Marktkirche gedachten Familienangehörige und Freundinnen und Freunde des verstorbenen Pastors Hans Jürgen Meyer, der ein Vorkämpfers für die rechte homosexueller Menschen in der Kirche gewesen ist. Landesbischof Ralf Meister würdigte sein Leben und Wirken in der Kirche. Meyer hatte bundesweit Bekanntheit erlangt, nachdem er sich 1984 zu seiner Homosexualität bekannt hatte und von der hannoverschen Landeskirche seines Amtes enthoben worden war. Es folgte ein jahrelanger Rechtsstreit, die Versetzung in den „Wartestand“ und ein gekürztes Gehalt. Erst im Jahr 2000 übernahm Meyer dank des Einsatzes der damaligen Landesbischöfin Margot Käßmann eine halbe Stelle als Krankenhausseelsorger. 2012 und bereits im Ruhestand ließ er sich mit seinem Partner kirchlich trauen.
"Es scheint wie ein Wunder: In all den Jahren verbitterte Hans-Jürgen Meyer nicht. Er zeigte sich sogar in den schwierigen Phasen seines Kampfes um die sexuelle Selbstbestimmung homosexueller Menschen als vermittelnd und suchte Kompromisse", würdigte Landesbischof Ralf Meister ihn.
„Ohne sein Engagement gäbe es meine Stelle heute vermutlich nicht“, ergänzte Theodor Adam. Als Beauftragter für queer-sensible Seelsorge und Beratung sprach er von Hans-Jürgen Meyer als Wegbereiter für eine tolerantere Kirche: „Sein Wirken war bahnbrechend. Er hat einen großen Beitrag zur Akzeptanz von queeren Menschen in der Kirche geleistet. Wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet.“
Zusammen mit dem befreundeten Theologen Klaus Brinker und unterstützt von der ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) sei er beharrlich geblieben und habe so den Weg geebnet, dass homosexuelle Lebensweisen in der Kirche Thema und in der Konsequenz etwa die Segnung und Trauung gleichgeschlechtlicher Paare möglich wurden.
"Als wir mit der HuK diesen Kampf begannen, hätten wir nicht zu hoffen gewagt, dass er so ausgehen würde", sagte Marcus Reinhold, einer der Vorsitzenden der HuK in einem Grußwort. "Demos, Aktionen, Schriften - es war ein harter und steiniger Weg - aber stets voll Hoffnung und auch Freude über die Erfolge. Als HuK sind wir froh, dass wir hier in der Marktkirche mit all der damit verbundenen Anerkennung Abschied nehmen können."
Dass sich queere Menschen in der Kirche willkommen fühlen können und erst recht keine Amtsenthebungen mehr fürchten müssen, sei ein großer Erfolg, so auch Theodor Adam. „Doch es gibt natürlich weiter offene Fragen, angefangen bei theologischen Aspekten, die wir überdenken müssen, über Mediation und Versöhnungsarbeit mit denen, die Verletzungen erlitten haben – wofür auch der Trauer-Gottesdienst steht – bis zu neuen Fragen: Wie schaffen wir sichere Räume für nicht-binäre Menschen, die sich weder als Mann oder Frau empfinden? Oder auch: Können wir polyamore Beziehungen segnen, wenn sich also mehr als zwei Personen in romantischen Beziehungen miteinander befinden? Das ist ein gesellschaftliches Thema, zu dem die Kirche noch keine Stellung genommen hat.“
Einen aktiven Dialog in solchen Lebensfragen zu fördern, seelsorgliche Angebote auszubauen und Synergien zwischen Kirche und Gesellschaft entstehen zu lassen, sieht Theodor Adam als das Erbe Hans-Jürgen Meyers. Und Ralf Meister betonte: "Für wen sich dessen Geschichte nun wie eine Nachricht aus längst überwundenen Zeiten anhört, der muss nur einmal nach Rom schauen oder sich ansehen, was vor wenigen Tagen in der Church of England beschlossen worden ist: nämlich homosexuelle Paare zu segnen, aber nicht zu trauen. Das führte dazu, dass weltweit zwölt Bischöfe von Kirchen in der anglikanischen Gemeinschaft dem Erzbischof von Canterbury die Zustimmung versagen."
EMA / mit Material vom epd Niedersachsen-Bremen