Startseite Archiv Nachricht vom 15. November 2022

Bundespräsident besucht neu gestaltetes „Haus der Religionen“

Bildungsstätte hat ihre Fläche durch 1,26 Millionen Euro verzehnfacht

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Seit rund 30 Jahren gehört das „Haus der Religionen“ zu den Vorreitern des interreligiösen Gesprächs in Deutschland. Jetzt nimmt es sein neues, stark vergrößertes Domizil in Betrieb. Kinder, Jugendliche und Erwachsene sollen davon profitieren.

Hannover. Im Beisein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier weiht das bundesweit einzigartige „Haus der Religionen“ in Hannover am 21. November seine neu gestalteten Räume ein. Durch einen Umbau hat sich die Fläche der Bildungsstätte in der früheren evangelischen Athanasiuskirche auf 730 Quadratmeter verzehnfacht. „Das ist eine Riesenchance für Schulklassen und andere Gruppen, die Welt der Religionen kennenzulernen, und das unter einem Dach“, sagte der Vorsitzende des Trägervereins, Professor Wolfgang Reinbold, am Montag. Der Umbau kostete 1,26 Millionen Euro.

Kernstück der neuen Räume ist eine Ausstellung über die Gemeinschaften der Christen, Juden und Muslime, der Hindus, Buddhisten und Bahai sowie der Aleviten, Jesiden und Humanisten. Sie stellen sich in kleinen Pavillons vor. Zahlreiche Gruppen sollen hier künftig zu Gast sein und miteinander ins Gespräch kommen.

Dafür stehen auch ein Foyer mit geräumiger Teeküche und zwei Seminarräume zur Verfügung. Insgesamt ist Platz für bis zu 140 Personen. Auch der Bundeskongress der Räte der Religionen, einer Vereinigung von Räten der Religionen aus 65 Städten, wird dort künftig seinen Sitz haben. Zudem sind Vorträge, Lesungen und Konzerte geplant. „Für uns beginnt eine neue Ära“, sagte Reinbold.

Die ehemalige Athanasius-Kirche in Hannover ist umgebaut worden und Sitz des deutlich vergrößerten Hauses der Religionen. Foto: epd-Bild/Stefan Heinze
Die ehemalige Athanasius-Kirche in Hannover ist umgebaut worden und Sitz des deutlich vergrößerten Hauses der Religionen. Foto: epd-Bild/Stefan Heinze

Steinmeier statte dem „Haus der Religionen“ einen Besuch ab, weil die Einrichtung als Pilotprojekt bundesweit wegweisend sei, erläuterte der Vorsitzende. Zwar entstehe gerade in Berlin das „House of One“, doch dort seien nur die monotheistischen Religionen vertreten. Ein weiteres Haus für alle Religionen gebe es seit 2014 nur in der Schweizer Hauptstadt Bern.

Pläne für weitere Einrichtungen entstünden zurzeit in Hamburg, München, Dortmund und Wien. Ziel sei es, Verständnis für unterschiedliche Kulturen zu entwickeln: „Wir müssen lernen, mit Differenzen umzugehen in einer Welt, die immer diverser wird“, sagte Reinbold. Der Festakt mit Steinmeier beginnt um 17 Uhr.

Der Löwenanteil der Kosten für die neuen Räume kommt vom Land Niedersachsen, der Region Hannover, der Klosterkammer und den Kirchen. Die neuen Eigentümer des Kirchengebäudes erhielten einen Baukostenzuschuss von 600.000 Euro, hinzu kommen 660.000 Euro für Einrichtung und Technik. Im Gegenzug erhielt die Bildungsstätte einen stabilen Mietvertrag für 30 Jahre. Zwei Personalstellen werden von den Kirchen finanziert. Die Einrichtung hoffe auf weitere Stellen, sagte Reinbold.

epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen
Die islamische Theologin Hamideh Mohagheghi im Gespräch mit Pastor Wolfgang Reinbold, Beauftragter für Kirche und Islam der Landeskirche, im Haus der Religionen. Im Hintergrund ist das Buntglasfenster der ehemaligen Athanasius-Kirche zu sehen. Foto: epd-Bild/Stefan Heinze
Die islamische Theologin Hamideh Mohagheghi im Gespräch mit Pastor Wolfgang Reinbold, Beauftragter für Kirche und Islam der Landeskirche, im Haus der Religionen. Im Hintergrund ist das Buntglasfenster der ehemaligen Athanasius-Kirche zu sehen. Foto: epd-Bild/Stefan Heinze

Weitere Informationen

Das „Haus der Religionen“ in Hannover ist das erste und bisher einzige Zentrum für interreligiöse und interkulturelle Bildung in Deutschland. Seine Wurzeln reichen bis ins Jahr 1991 zurück. Während des zweiten Golfkriegs schlossen sich damals engagierte Frauen und Männer zu interreligiösen Gesprächskreisen zusammen. Hintergrund waren auch die fremdenfeindlichen Anschläge von Hoyerswerda, Mölln und Solingen und die Sorge um den künftigen Kurs der deutschen Gesellschaft nach der Wiedervereinigung.

In Hannover traf sich die Gruppe an wechselnden Orten, bis sie schließlich 2005 als Mieterin ein festes Domizil in der damaligen Athanasiuskirche fand. Hier unterhielt sie Büroräume und eine kleine Ausstellung, die von Schulklassen und anderen Gruppen besucht wurde.

Hinter dem „Haus der Religionen“ stehen die Gemeinschaften der Christen, Juden und Muslime, der Hindus, Buddhisten und Bahai sowie der Aleviten, Jesiden und Humanisten. Ihr Ziel ist, Verständnis für andere Religionen und Weltanschauungen zu entwickeln.

Im Herbst 2022 nahm die Einrichtung an ihrem bisherigen Standort neue, stark erweiterte Räume in Betrieb. Eine vergleichbare Bildungsstätte gibt es nach Angaben der Initiatoren seit 2014 nur in Bern. Zwar entsteht gerade in Berlin das „House of One“, doch dieses richtet sich nur an die monotheistischen Religionen. Finanziert wird das „Haus der Religionen“ langfristig vor allem von der Stadt Hannover und den Kirchen. Schirmherr ist Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne).

epd Landesdienst Niedersachsen