Landeskirche klärt 50 Jahre zurückliegenden Missbrauchsfall auf
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Rinteln/Kr. Schaumburg. Die hannoversche Landeskirche hat einen Fall von sexuellem Missbrauch durch einen leitenden Theologen vor 50 Jahren in Rinteln im Weserbergland weitgehend aufgeklärt. Danach soll der 1990 gestorbene Rintelner Superintendent Kurt Eckels 1965 einen Konfirmanden missbraucht haben. Das Opfer, ein heute etwa 65 Jahre alter gebürtiger Rintelner, hatte sich im September 2015 im Vorfeld der Goldenen Konfirmation bei der evangelischen Kirche gemeldet und von dem Übergriff berichtet. "Wir haben keine Zweifel, dass das, was dieser Mann uns geschildert hat, der Wahrheit entspricht", sagte Oberlandeskirchenrat Rainer Mainusch am Mittwoch in Rinteln. Die Kirche erkenne ihre Mitverantwortung für das Fehlverhalten des Theologen an.
Inzwischen haben sich Angehörige des verstorbenen Theologen mit dem Opfer und Vertretern der hannoverschen Landeskirche getroffen und eine gemeinsame Erklärung zu dem Fall verfasst. Danach soll Eckels bereits gegen Ende des Zweiten Weltkriegs als Kompaniechef einer Einheit in Dänemark schutzbefohlene Soldaten, die nach damaligem Recht noch minderjährig waren, missbraucht haben. Ein Militärgericht sprach ihn im August 1945 schuldig, das Urteil wurde aber später wegen Schuldunfähigkeit zum Tatzeitpunkt aufgehoben. Dabei wurden ihm Kriegsverletzungen zugutegehalten.
Im Wissen um diese Übergriffe sei der Theologe in der Nachkriegszeit wieder als Pastor eingesetzt worden und habe uneingeschränkten Zugang zu Kindern und Jugendlichen bekommen, erläuterte Mainusch. "Die Sorge um den Täter und seine Lebensperspektive waren seinerzeit offenbar von größerer Bedeutung als der Schutz möglicher künftiger Opfer", heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Heute gelte für die Landeskirche: "Null Toleranz" bei sexuellem Missbrauch. "Der wichtigste Grundsatz ist Offenheit", unterstrich Mainusch. Wer sich an Minderjährigen vergangen habe, dürfe kein Pastor mehr sein.
Kurt Eckels (Jahrgang 1911) war von 1964 bis 1976 Superintendent des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Grafschaft Schaumburg. Der heutige Superintendent Andreas Kühne-Glaser schrieb nach dem Bekanntwerden des Übergriffs rund 300 Briefe an Männer und Frauen, die in dieser Zeit in Rinteln konfirmiert wurden. Darin bat er sie, sich zu melden, falls sie Ähnliches erlebt hätten. Doch es gab gingen keine weiteren Hinweise auf sexuellen Missbrauch ein. "So etwas darf nie wieder passieren", betonte Kühne-Glaser.
Der damals betroffene Mann ging unterdessen mit einer eigenen persönlichen Erklärung in die Öffentlichkeit. Die Biografie von Kurt Eckels zeige, dass das Erlebte kein Einzelfall sei, schreibt er. Er stelle sich die Frage, wie ein "bekanntermaßen hoch belasteter und lediglich für schuldunfähig erklärter Sexualstraftäter" als Superintendent in Rinteln installiert werden konnte. Über Jahrzehnte habe er nicht den Mut gefunden, den Theologen anzuklagen, dies empfinde er als subjektive Schuld. Er habe jedoch die begründete Hoffnung, dass sich ein solcher Fall nicht wiederhole.
epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen