Freunde, dass der Mandelzweig
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Andacht zum vorletzten Sonntag des Kirchenjahrs
„Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt“. Komponiert hat dieses Lied der Liedermacher Fritz Baltruweit. Der Text stammt von dem jüdischen Schriftsteller Schalom Ben-Chorin. Er hat eine besondere Geschichte. Geboren wurde Schalom Ben-Chorin 1913 in Deutschland. Er hieß damals Friedrich Rosenthal. Er wurde von den Nazis mehrfach verhaftet und floh 1935 nach Israel. Dort nannte er sich Schalom Ben-Chorin. Dieser Name bedeutet „Frieden, Sohn der Freiheit“. Mitten im zweiten Weltkrieg dichtete er diese Zeilen. „Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt, ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?“
Den Mandelbaum gab es wirklich: Er stand hinter dem Haus des Dichters. Er konnte ihn aus seinem Arbeitszimmer sehen. Es war Zweiter Weltkrieg. Es war eine furchtbare Zeit und Schalom Ben-Chorin sah nach draußen und sah, wie die Mandelblüten auf einmal aufgingen. Das erinnerte ihn daran, dass es auch in schrecklichen Zeiten Vorboten des Frühlings gibt. Sie sind ein Zeichen dafür, dass Hoffnung am Horizont ist, dass das Schlimme auch vorbeigeht und dass es besser wird. Schalom Ben-Chorin hat die Hoffnung auf Frieden nie aufgegeben – auch nicht für Israel und Palästina.
Der Liedermacher Fritz Baltruweit traf den jüdischen Dichter einmal in Jerusalem und spielte ihm das Lied vom Mandelbaum vor. Er berichtet später: „Wir haben einen wunderschönen Abend zusammen gehabt - und Schalom Ben Chorin erzählte dann, dass dieser Baum irgendwann umgehauen wurde und Platten in den Hof gelegt wurden. Doch eines Tages haben sich die Wurzeln des Baumes wieder den Weg durch die Platten gebahnt. Er sagt dazu: ‚Die Hoffnung ist nicht totzukriegen’. Und er war ganz stolz, sagte im Gespräch zu seiner Frau: ‚Ich bin wohl der erste jüdische Autor, der in ein evangelisches Kirchengesangbuch aufgenommen wurde.’ Darauf meinte sie ganz trocken: ‚Der zweite, denn König David war schon vor dir’.“
Das Kirchenlied „Freunde, dass der Mandelzweig“ wurde erstmals beim Kirchentag 1981 in Hamburg öffentlich gesungen. Dann ging es um die Welt. Übersetzt wurde das Kirchenlied inzwischen in mehrere Sprachen, unter anderem ins Englische und Russische. Auch bei der Beerdigung von Schalom Ben Chorin wurde das Lied gesungen: Schalom Ben Chorin zum Abschied – und: als Zeichen der Hoffnung - …dass das Leben siegt.
Aus: Gottesdienstentwurf des Michaelisklosters Hildesheim zum Volkstrauertag 2018