"Was wir dem Judentum verdanken"
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Israelsonntag dient der Vergegenwärtigung
Am 5. August feiern Christinnen und Christen den Israelsonntag. Sie machen sich bewusst, was sie den Juden und dem Judentum verdanken. Was es genau mit dem Tag auf sich hat, erläutert apl. Prof. Dr. Ursula Rudnick, Beauftragte für Kirche und Judentum im Haus kirchlicher Dienste im Interview.
Frau Rudnick, was ist der Israelsonntag?
Ursula Rudnick: Am Israelsonntag erinnern sich Christinnen und Christen im Gottesdienst daran, was sie den Juden und dem Judentum verdanken. Der Gottesdienst thematisiert die Verbundenheit von Kirche mit den Juden und dem Judentum. Israel ist dabei die Bezeichnung für das jüdische Volk, für die Jüdinnen und Juden auf der ganzen Welt. Der Begriff stammt aus der Bibel. Mit Israel ist also nicht der Staat gemeint.
Seit wann wird der Israelsonntag gefeiert?
Der Israelsonntag entstand im 16. Jahrhundert. Im Gottesdienst wurde an die Zerstörung des Tempels in Jerusalem gedacht. Diese Zerstörung des Tempels wurde als Gericht Gottes über das jüdische Volk gedeutet und Christen als Mahnung vor Augen geführt. Oftmals war die Feier des Gottesdienstes antijüdisch. Dies wurde von wachen Zeitgenossen kritisiert. Daraufhin wurde der Gottesdienst neu gestaltet. Seit dem Jahr 1978 steht das Miteinander von Juden und Christen im Zentrum des Gottesdienstes.
Warum ist es wichtig, den Israelsonntag zu feiern?
Israel-Sonntag ist wie Muttertag. Einmal im Jahr ausdrücklich darüber nachdenken, was wir dem Judentum und Juden verdanken. Ich nenne drei Schätze, die wir Christinnen und Christen empfangen haben:
Erstens haben wir die Bibel empfangen, die das Fundament unseres Glaubens ist. Die Kirche hielt seit ihren Anfängen daran fest, dass unsere Heilige Schrift aus zwei Teilen besteht, dem sogenannten Alten und Neuen Testament. Zu jedem Versuch, den ersten Teil der Bibel für überflüssig zu erklären, sagte die Kirche jedes Mal „Nein“, sei es in der Antike, in der Neuzeit oder auch in der Gegenwart.
Zweitens haben wir vom Judentum ethische Impulse erhalten, die auch heute aktuell sind. „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ beispielsweise, ist ein Satz, den Jesus gesprochen hat und der von vielen Christen als Kern der christlichen Botschaft verstanden wird. Dieser Satz stammt aus dem 19. Kapitel des 3. Buches Moses.
Und drittens schließlich: Jesus Christus ist Jude. Paulus erinnert in seinem Römerbrief an Jesu Jude-Sein. Die Evangelien beschreiben es ausführlich. In den vergangenen Jahrzehnten, haben Theologinnen und Theologen gelernt, Jesus in seinem jüdischen Umfeld wahrzunehmen. Jesus, der am achten Tag seiner Geburt beschnitten wurde, als Erstgeborener im Tempel ausgelöst, dort lernend und betend, in den Synagogen predigend. Durch Jesus Christus haben wir Christinnen und Christen Zugang zum Gott Israels gefunden.
Die Kirche verdankt dem jüdischen Volk viel. Ohne Israel gäbe es uns nicht, jedenfalls nicht als Christinnen und Christen. Das ist Grund genug für Dankbarkeit. Eine Dankbarkeit, die immer da sein sollte. Derer wir uns jedoch nicht immer bewusst sind.
Wann und von wem wird der Israelsonntag gefeiert?
Das Gottesdienstbuch sieht vor, dass er in allen Gemeinden am 10. Sonntag nach Trinitatis gefeiert wird. Dies ist oft in der Sommerzeit und es gibt dann oft andere Themen. Es ist aber kein Problem, den Israelsonntag auch an einem anderen Sonntag zu feiern.
Anregungen für Gottesdienst und Gemeindearbeit auch über den Israelsonntag (10. Sonntag nach Trinitatis) hinaus gibt es in der Arbeitshilfe zum Israelsonntag.