„Am Anfang war ich immer total aufgeregt“

14-Jährige übernimmt Lektorendienste in Loccumer Kirche
Ein Mädchen mit kurzen Haaren und einer Brille steht vor einem Altar an einem Rednerpult.
Bild: Sarah Franke

Schon seit ihrer frühen Kindheit gehört die Kirche für Paulina Engelmann dazu. Mittlerweile liest sie selbst aus dem Evangelium vor der Gemeinde – und hofft, damit auch andere Jugendliche fürs Ehrenamt zu motivieren.

„Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an äußeren Anzeichen erkennen kann. Man wird auch nicht sagen: ‚Schau her, hier ist es!‘, oder: ‚Dort ist es!‘ Nein, das Reich Gottes ist schon da – mitten unter euch.“

Konzentriert schaut Paulina auf ihre Notizen. Heute liest die 14-Jährige einige Zeilen aus dem Lukasevangelium. In den Sprechpausen hebt sie ihren Blick – und sieht in die Gesichter zahlreicher Menschen, die mit ihr gemeinsam an einem trüben Novembersonntag den Gottesdienst in der Loccumer Klosterkirche feiern.

Dass Ehrenamtliche im Gottesdienst aus dem Evangelium lesen, ist nichts Ungewöhnliches. Doch so jung wie Paulina Engelmann sind sie selten. „Am Anfang war ich immer total aufgeregt. Mittlerweile habe ich mich ganz gut daran gewöhnt, vor der Gemeinde zu stehen“, sagt die Loccumerin. Schon zwei Jahre vor ihrer Konfirmation im Mai dieses Jahres begann sie, vor der Gemeinde biblische Texte zu lesen. Außerdem engagiert sie sich als Teamerin im Konfirmandenunterricht.

Zwischen Schule, Hobbies und Ehrenamt

Der Glauben gehört für Paulina schon immer dazu. „Meine Eltern sind Pastorin und Pastor. Deshalb bin ich von klein auf in ihren Gemeinden zum Gottesdienst mitgekommen“, erzählt sie und lacht. Was früher mangels Kinderbetreuung oft nicht anders ging, macht sie nun freiwillig – ihre Eltern arbeiten nicht in Loccum. Mittlerweile geht die 14-Jährige in die neunte Klasse. Bei ihren Schulfreundinnen sei ihr Ehrenamt ein Thema wie jedes andere auch. Einige ihrer Freundinnen seien christlich, manche muslimisch, andere atheistisch.

In ihrer Freizeit spielt Paulina Schach und liest sehr gern. Das Bücherregal in ihrem Jugendzimmer ist prall gefüllt: von Fantasy über Romane bis hin zu theologischen Publikationen ist alles dabei. Deshalb, überlegt sie, ist es für sie wohl naheliegend, ehrenamtlich im Gottesdienst vor der Gemeinde aus dem Evangelium zu lesen.  

Die Ausbildung zur Lektorin will sie auch noch machen – wenn sie alt genug dafür ist. Teilnehmende müssen mindestens 16 Jahre alt sein. In der Ausbildung zur Lektorin oder zum Lektor lernen Ehrenamtliche, Gottesdienste zu gestalten, den eigenen Glauben stärker zu reflektieren und selbst Lesepredigten zu halten.

Wer die Statistik kennt, weiß: Die Mitgliederzahlen der evangelischen Kirche in Deutschland sinken. Im Jahr 2003 waren es knapp 26 Millionen Mitglieder, im Jahr 2023 nur noch 18,5 Millionen Mitglieder. Paulina ist sich dessen bewusst. Mit ihren Ehrenämtern versucht sie auch, ein Vorbild für jüngere Kinder zu sein und ein bisschen davon weiterzugeben, wie sie selbst auf die Kirche blickt: „Ich mag meine Religion. Ich mag auch das Gruppengefühl und die Orientierung, die sie mir gibt.“

Sarah Franke