Der Schutzpatron glänzt auf jedem Messingknopf ihrer Kluft. In einem Gottesdienst wollen Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger den Heiligen Florian zu seinem Namenstag ehren. Ihr Beruf ist geprägt von Tradition und erfindet sich neu.
Hannover. Ein Besuch bei der Familie in Hessen gab für Andreas Walburg den Ausschlag zur Berufswahl, da war er gerade mal 14 Jahre alt. Ein Verwandter kam von der Arbeit nach Hause. „Er war schwarz gekleidet, schmutzig und hatte pünktlich Feierabend“, sagt der Schornsteinfegermeister und Pressesprecher des Niedersächsischen Landesinnungsverbandes und schmunzelt. Mit 16 begann er die Ausbildung und ist seit mehr als 25 Jahren in dem Beruf tätig, der nach seinen Worten von Traditionen geprägt und dennoch zukunftssicher ist.
Der Verwandte weckte in Walburg auch die Leidenschaft für die Feuerwehr, bei der er sich seit Jahren engagiert. Wie für die Schornsteinfeger ist auch für sie der Heilige Florian der Schutzpatron. An Andreas Walburgs Kluft prangt sein Bild in zwei Reihen auf den kupfernen Knöpfen. Bei seiner Kollegin Iris Dohmen glitzert er ebenso. Am Florianitag am 4. Mai will das niedersächsische Schornsteinfegerhandwerk unter dem Motto „Triff das Glück!“ um 14 Uhr einen Gottesdienst in der Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hannover feiern und damit an den Schutzpatron erinnern, der der Überlieferung nach am 4. Mai im Jahr 303 im österreichischen Lorch als Märtyrer verstarb.
Achtzehn Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger werden dabei in Berufskleidung mit ihren Innungsfahnen einziehen, wie die evangelische Handwerkspastorin Hille de Maeyer berichtet. „Die Calenberger Neustadt war vor 300 Jahren Anziehungspunkt für nationales und internationales Handwerk“, sagt sie. Deshalb lade sie gemeinsam mit der Gemeinde einmal im Jahr eine Handwerkszunft zu einem besonderen Gottesdienst in die dortige Kirche ein. „Die Schornsteinfeger haben sich dafür den Florianitag gewünscht.“
Beistand können sie zuweilen gebrauchen, denn der Beruf birgt auch Gefahren, erzählen Iris Dohmen und Andreas Walburg auf dem Dach der Schule, in der die mehr als 900 Betriebe aus Niedersachsen und Bremen ihren Nachwuchs ausbilden. Hier führt eine Treppe hinauf und das Flachdach ist mit einem Geländer gesichert. Aus der Höhe abzustürzen, zählt jedoch nach wie vor ebenso zu den Berufsrisiken wie eine Vergiftung durch Kohlenmonoxid, wie Walburg sagt. „Wir tragen immer Kohlenmonoxidmelder dabei“, betont er. Und für Tritte und andere Sicherungssysteme an den Dächern gebe es strenge Wartungsvorschriften.
Für Iris Dohmen zählt das Arbeiten auf den Dächern noch immer zu den schönen Seiten des Berufes, auch wenn es seltener geworden ist. „In luftiger Höhe zu sein und weit gucken zu können, ist einfach schön“, sagt die Meisterin, die zu den rund 10 Prozent Frauen gehört, die in der Branche noch immer die Minderheit stellen. Dabei macht das Kehren der Kamine in Dohmens städtischem Bezirk nur noch höchstens 10 Prozent der Tätigkeiten aus.
Mit der Energiepolitik habe sich auch das Berufsbild gewandelt, sagt Walburg. Schon länger würden Schornsteinfeger auch als Energieberater ausgebildet. „Auch bei Wärmepumpen gibt es zum Beispiel Anforderungen an den Brandschutz.“ Wenn nach europäischem Recht die Kehrbezirke alle sieben Jahre neu ausgeschrieben werden, zählten bei der Vergabe auch Fortbildung und Weiterqualifizierung, versichert er. Trotz einer Liberalisierung benennen die Behörden bis heute für jeweils diesen Zeitraum Bezirksschornsteinfeger für staatliche Aufgaben im Sinne der Brandsicherheit.
Weil sie so immer wieder in die Häuser kommen, genießen die Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger nach den Erfahrungen von Iris Dohmen oft großes Vertrauen. „Mir hat mal eine Frau von ihrem Lottogewinn kurz zuvor erzählt“, sagt sie. „Als einzigem Menschen.“
Glück ist ein wichtiges Motiv für den Beruf des Schornsteinfegers. Andreas Walburg erklärt, dass es einen praktischen Grund dafür gibt. Früher waren die Schornsteine aus Lehm und Stroh gebaut. Wenn der Schornsteinfeger nicht regelmäßig kam, konnte es zu einem Rußbrand kommen, der Temperaturen von 900 bis 1.200 Grad erreichte. Dann standen die Häuser und Städte in Flammen.
Heutzutage sind Rußbrände seltener, weil die Schornsteine regelmäßig gesäubert werden und andere Materialien verwendet werden. Walburg ist aber immer noch froh, dass der Beruf mit Glück und etwas Ruß verbunden wird. Er hat oft Münzen mit dem Heiligen Florian dabei, die er verschenkt.