„Der Weltkindertag ermahnt“
Anlässlich des Weltkindertages am 20. September haben Vertreter von Verbänden insbesondere eine Nachbesserung der Kindergrundsicherung gefordert. Diese müsste auskömmlich finanziert werden, sagte der Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen, Hans-Joachim Lenke, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch die Vorsitzende des niedersächsischen Kinderschutzbundes, Daniela Rump, forderte eine Nachbesserung des Gesetzes.
„Bildungsgerechtigkeit ist immer noch oder immer mehr eine Sache der Herkunftsfamilie. Viele Familien benötigen Unterstützung beim Verstehen des Schulsystems und der Begleitung ihrer Kinder. Wir erleben in unserer Arbeit: Eltern möchten das Beste für ihr Kind und sind dankbar für jede Unterstützung“, sagt Antje Stoffregen, Leiterin des Paul-Gerhardt-Hauses und der Kindertafel Lüneburg.
Die eingeplanten jährlichen Mehrausgaben von 2,4 Milliarden Euro ab 2025 reichten nicht aus, kritisierte Rump. „Der lange Streit um die Kindergrundsicherung ist traurig und das Ergebnis enttäuschend.“ Kinderarmut sei ein wichtiges und beschämendes Thema, vor dem die Gesellschaft nicht die Augen verschließen dürfe.
Die Mittel für Kinder und Jugendliche müssten unter anderem bedarfsgerecht gestaltet und das Existenzminimum neu berechnet werden, forderte die Kinderschutzbund-Vorsitzende. „Die Leistung muss von den echten Bedarfen dieser ersten Lebensphasen ausgehen und wirklich armutsverhindernd wirken.“ Für alle Berechtigten müsse das Beantragen und die Auszahlung automatisch und unbürokratisch abgewickelt werden.
„Als Gesellschaft sind wir es dieser Generation schuldig, etwas zurückzugeben“
Vorstandssprecher Lenke forderte außerdem einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung. „Sie ist wesentliche Grundlage für ein erfolgreiches Arbeitsleben und damit der Schlüssel für ein eigenständiges Leben.“ Dazu zähle der Ausbau von Kitas zu Familienzentren. Die Ganztagsschule müsse ein Regelangebot werden und Schülerinnen und Schüler mit entsprechendem Bedarf freie Lernmittel erhalten.
„Die finanzielle Lage ist für viele Familien durch die gestiegenen Preise deutlich schwieriger geworden. Das zeigt sich an der Ernährung und auch bei der Kleidung, sowie an der Schulausstattung. Oft werden preiswerte Materialien gekauft, die dann schnell kaputt gehen. Deshalb gibt es bei uns einmal jährlich einen Schulmaterial-Basar mit gespendeten qualitätvollen Produkten zum kleinen Preis“, schildert Antje Stoffregen, die auch Leiterin der Kindertafel Lüneburg ist.
Während der Corona-Pandemie hätten Kinder und Jugendliche auf Vieles verzichten müssen, unterstrich Lenke. „Als Gesellschaft sind wir es dieser Generation schuldig, etwas zurückzugeben.“ Die ältere Generation habe die Pflicht, die Weichen für eine zukunftsorientierte Politik im Namen der Kinder zu stellen. Dazu gehöre auch, sie in Anliegen wie dem Klimaschutz ernst zu nehmen und sie zu unterstützen.
Auch die Vorsitzende des Kinderschutzbundes mahnte, dass die Interessen von Kindern und Jugendlichen in der Gesellschaft endlich beachtet werden müssten. „Ich bin davon überzeugt, dass junge Menschen sich viel mehr mit gesellschaftlichen Themen auseinandersetzen, diskutieren und eine Meinung zu politischen Themen haben, als sehr häufig angenommen wird.“ Gleichzeitig fühlten sich Kinder und Jugendliche durch die Politik und die Gesellschaft leider nicht immer ernst genommen.
Junge Menschen müssten demokratisch angemessen berücksichtigt werden. Sie müssten bei allen Entscheidungen, Planungen und Maßnahmen, die sie betreffen, einbezogen werden, unterstrich die Vorsitzende. Es brauche dafür einen Perspektiv- und Politikwechsel in Deutschland. So sollten die Kinderrechte im Grundgesetz aufgenommen und junge Menschen stärker politisch beteiligt werden. Das Wahlalter könne beispielsweise auf 14 Jahre gesenkt und in Kommunen und im Land könnten Jugendparlamente gebildet werden.
78 Millionen Kinder weltweit können nicht zur Schule gehen
Im Evangelisch lutherischen Missionswerk Niedersachsen (ELM) gibt es Projekte, die Kinder und deren Leben und Alltag in den verschiedenen Partnerländern im Fokus haben, zum Beispiel:
- Armut mit Bildung überwinden: Förderung von Mädchen zur Schulausbildung, in Indien
- Damit das Leben gelingt: die Lebensschule in Ariquimes, Amazonas, Brasilien: Eine Art Hort in einem sozial benachteiligten Gebiet.
- Frühkindliche Förderung in Malawi mit Ernährung, Gesundheitsförderung und Bildungsförderung
Außerdem gehört zum ständigen Angebot des ELM auch die Werkstatt ökumenisches Lernen, in der Referent*innen Kindern und Jugendlichen in Niedersachsen globale Themen wie Nachhaltigkeit und Vielfältigkeit zielgruppengerecht und mit viel Spaß näher gebracht werden und gezeigt wird, dass man die Welt nur gemeinsam gestalten kann und lernen sich nur lohnt, wenn man aufeinander achtet.
"78 Millionen Kinder weltweit können nicht zur Schule gehen aufgrund von Klimakatastrophen, Konflikten, und Vertreibung. Furchtbar sind auch die Corona Folgen. Von den ELM Partnern wird immer wieder berichtet, dass viele Kinder in der Pandemie Lesen und Schreiben verlernt haben, und diese begrenzt aufholbar ist." sagt Christoph Kühne, Referent für Jugendarbeit und globales Lernen. Es gibt viele Herausforderungen, die sich gerade aufdrängen und bewältigt werden müssen. Was ist das Ziel, der Wunsch mit Blick auf die Zukunft? "Eine klare Stärkung von Kindern und Jugendlichen und für Kinderrechte einstehen! Nach all den schlechten Nachrichten und Geschehnissen und der damit einhergehenden Perspektivlosigkeit soll die junge Generation wieder Hoffnung spüren, wenn es um die Zukunft geht, in Deutschland und weltweit."
Mitwirkung von Kindern stärken
Mit Blick auf den Weltkindertag am 20. September hat Niedersachsens Sozialminister Andreas Philippi (SPD) auf den Fonds „Kinder stärken“ aufmerksam gemacht. Das Land und das Deutsche Kinderhilfswerk fördern damit im laufenden Jahr mit insgesamt 40.000 Euro Projekte, die altersgemäße Mitwirkung von Mädchen und Jungen sicherstellen, wie das Sozialministerium am Dienstag in Hannover mitteilte.
Noch seien Bewerbungen möglich, sagte Philippi. Die Projekte müssen bis Mitte Februar 2024 abgeschlossen werden. Die Förderung beträgt im Regelfall bis zu 5.000 Euro, im besonders begründeten Einzelfall bis zu 10.000 Euro. „Kinder wollen und sollen mitreden, wenn es um die Gestaltung ihres Lebensumfeldes geht“, betonte der Minister. Der Fonds richte sich deshalb besonders an Projekte, die junge Menschen einbeziehen.
Ein weiterer Schwerpunkt sind den Angaben zufolge Projekte, die sich gezielt an Kinder und Jugendliche wenden, die von Armut betroffen sind. „Damit Kinder morgen eine gute Zukunft haben, müssen wir sie heute fördern und unterstützen und sie bei Entscheidungsprozessen einbeziehen“, fordere Philippi.
Dazu gehöre es auch, Kinder auf ihre Rechte aufmerksam zu machen. Niedersachsen schreibe deshalb den jährlich verliehenen KinderHabenRechte-Preis aus.
Der Weltkindertag wurde 1954 durch die Vereinten Nationen ausgerufen und wird weltweit begangen. Dabei soll auf die Kinderrechte und auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern aufmerksam gemacht werden.