Eine gute Übersetzung für Fundraising aus dem Englischen gibt es bis heute nicht – „es ist viel mehr, als Spenden sammeln, Kapital- oder Mittelbeschaffung“, sagt Paul Dalby. „Ich stelle keine Spendenbüchse auf, sondern gehe bewusst und professionell auf ausgewählte Menschen zu, knüpfe Netzwerke und Beziehungen, finde Menschen mit Kompetenzen, die sich engagieren möchten. Und obwohl die Kirche mit der Kollekte quasi die Erfinderin des Fundraisings ist und viel Erfahrung besitzt, wird es noch nicht so genutzt, wie es nötig wäre.“ Dalby ist Leiter des Fundraising-Arbeitsfeldes im Haus kirchlicher Dienste und hat mehr als 30 Jahre Erfahrung auf dem Gebiet.
Besonders angesichts sinkender Kirchenmitgliedszahlen und damit verbundener geringerer Kirchensteuern müssten Gemeinden künftig ganz zentral auf Fundraising setzen, ist auch Nina Hollung, Synodale aus Celle (Sprengel Lüneburg), überzeugt. Sie selbst ist seit 16 Jahren dabei und bringt am Samstag einen Antrag in die Synode ein, der das Fundraising in den Kirchenkreisen stärken soll. „Jede Gemeinde, jede Einrichtung, also zum Beispiel auch kirchliche Kitas oder diakonische Einrichtungen, sollen die Möglichkeit haben, beim Fundraising professionell unterstützt zu werden. Denn: Wo es Fundraisende gibt, läuft mehr. Egal, ob ehrenamtlich oder hauptamtlich. Unsere Erfahrungen zeigen, dass jeder Einzelne pro Jahr bis zu 700.000 Euro generieren kann.“
In 24 von 47 Kirchenkreisen der Hannoverschen Landeskirche gibt es Stellenanteile für Fundraisende, doch mancherorts werden sie aus Spargründen wieder gestrichen. Nach der Rechnung von Nina Hollung und ihrem Team würde die Umsetzung des Antrags etwa eine Million Euro kosten – aber 14 Millionen erlösen. „Das würde sich nicht nur rechnerisch lohnen, sondern auch auf emotionaler Ebene“, sagt Hollung. „Wir sprechen Menschen ja emotional, projektbezogen an. Wir haben auch schon Menschen dabei, die nicht in der Kirche sind, aber sich gern für ein bestimmtes Projekt einsetzen, aus Heimatverbundenheit oder anderen Gründen. Man bringt Menschen zusammen und gewinnt Ehrenamtliche.“ Im Wort Fundraising stehe schließlich - zufällig, aber gar nicht unpassend - auch das Wort „fun“ – „Freude/Spaß“.
Paul Dalby hat ein weiteres Argument für mehr Fundraising: den veränderten Blickwinkel auf Kirche insgesamt. Denn sinkende Steuereinnahmen führten meist zu der Überlegung, dass gestrichen werden muss – Fundraising dagegen sehe stets „gute Taten, die noch ungeschehen sind“. Daher komme auch das Motto des Synodenantrags „Mehr Kirche möglich machen“ – ganz im Gegensatz zum Sparen und Kürzen.
Auch, wenn die Hannoversche Landeskirche mit der Ausbildung im Fundraising im Vergleich zu anderen Landeskirchen oder Bistümern recht weit vorn sei, habe sie noch lange nicht ihr Potenzial ausgeschöpft. Aus Umfragen weiß Paul Dalby, dass es pro Kirchenkreis 30-50 Menschen gibt, die im Fundraising aktiv sind, hinzu kommen Fördervereins- und Stiftungsvorstände, die ebenfalls für Projekte werben. Alles zusammen also schon jetzt etwa 10.000 engagierte Menschen – auch wenn die sich nicht alle direkt als Fundraisende bezeichnen würden.
Einfacher werde es wohl für sie künftig nicht. „Es wird aufwendiger werden, weil die anzusprechenden Interessensgruppen kleiner werden – aber wir haben zum Beispiel kaum angefangen, social media zu nutzen und die Onlinekollekte ist noch jung. Da ist noch so viel möglich.“
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