1898 gegründet, wird das Landesposaunenwerk in diesem Jahr 125 Jahre alt. Ein ganz schön betagter Verein. Oder doch nicht? „Man sieht und hört uns das hohe Alter nicht an. Rund ein Drittel der Bläserinnen und Bläser sind Jugendliche und Kinder ab circa zehn Jahren. Außerdem sind wir mit neuen geistlichen Liedern, Popularmusik und anderen Stilrichtungen vertraut.“ Das sagt Marianne Gorka, die seit 2013 das Posaunenwerk leitet. Als Landespastorin für die Posaunenchorarbeit hat sie die 550 Posaunenchöre der Landeskirche im Blick. Unterstützt wird sie dabei von sieben Landesposaunenwarten in den Bezirken Hildesheim, Göttingen, Hannover, Stade, Ostfriesland-Ems, Lüneburg und Osnabrück. Sie alle eint ihr Profil als Profimusiker und Musikpädagogen.
Das Jubiläumsjahr wird am Sonntag Lätare, 19. März, offiziell eröffnet. In der Landeskirche Hannovers ist es traditionell der Tag der Posaunenchöre. Das Posaunenwerk hat dafür einen Gottesdienst entworfen – mit dem Motto: Einer für alle – alle für einen. Marianne Gorka findet: „Zusammenhalt macht stark. Alleinsein und Misstrauen anderen gegenüber sind out.“ Die Pastorin hofft, dass am 19. März viele Kirchen zum Bläsergottesdienst einladen und die Besucher:innen beim Lied "Strahlen brechen viele aus einem Licht" (Ev. Gesangbuch Nr. 268) dem Wir-Gefühl einmal mehr auf die Spur kommen. Denn auch bei dem Stück des Komponisten Dieter Trautwein gilt die Idee: Wir sind eins durch ihn.
Ein Highlight des Jubiläumsjahres: das Landesposaunenfest
Ein weiterer Bestandteil des Festjahres sind die sechs Jubiläumskonzerte des Ensembles NOORDWIND. Dahinter verbergen sich die Landesposaunenwarte der Hannoverschen Landeskirche. Neben klassischer Kammermusik für Blechbläser präsentieren
sie in ihrem aktuellen Programm viele Lieblingsstücke aus der Posaunenchorliteratur. Dabei erklingt „Denn er hat seinen Engeln“ von Felix Mendelssohn Bartholdy oder der Choral „Bleib bei mir, Herr“ ebenso wie der Rock-Titel „Somebody to love“ (Queen).
Ein Highlight des Jubiläumsjahres ist das Landesposaunenfest vom 8. bis 10. September in Osnabrück. Im 375. Jahr des Westfälischen Friedens wollen etwa 1.500 Bläserinnen und Bläser ihrem Wunsch nach Frieden einen Klang geben. „Lauter Frieden“ ist daher das Motto des Festwochenendes. Marianne Gorka erklärt: „Posaunenchöre verstehen sich als Botschafter unseres Evangeliums mit Gottes Zusage: ,Ich bin da. Ich lebe und ihr – alle Menschen – sollt auch leben.‘ Unsere Musik mit ihrem sehr typisch evangelischen Sound bringt diese Botschaft in die Hörweite der Menschen, überall, wo sie sind.“
Neben vielen Konzerten wird es vom 8. bis zum 10. September eine eindrucksvolle Bläserserenade, Workshops, Mitmachangebote und Gottesdiensten geben. Ein Höhepunkt wird der ökumenische Festgottesdienst vor dem Historischen Rathaus am Markt. Landesbischof Ralf Meister und Bischof Franz-Josef Bode, der Bischof des römisch-katholischen Bistums Osnabrück, werden am 9. September im Herzen der Stadt dabei sein. „Die einzigartige Klangkulisse und das besondere Gemeinschaftserlebnis wird auch die in Osnabrück Lebenden sowie Besucherinnen und Besucher der Stadt in den Bann ziehen und bleibende, nachklingende Eindrücke hinterlassen“, lockt Marianne Gorka.
„Gott loben, das ist unser Amt!“
Zusammen mit 26 weiteren Mitgliedern gehört das Landesposaunenwerk dem Dachverband Evangelischen Posaunendienst in Deutschland (EPiD) an. Es ist ein lebendiges Netzwerk der landeskirchlichen Bläserverbände (lutherische, unierte und reformierte), der freikirchlichen Werke/Verbände, der Baptisten, Methodisten, Adventisten, der Selbständigen ev.-luth. Kirche (SELK), der Herrnhuter Brüdergemeine und der Freien Evangelischen Gemeinden und der großen Chorgemeinschaft des CVJM, dazu Bläser der landeskirchlichen Gemeinschaften. Die Bläserfamilie ist groß und bei aller Vielfalt gut vernetzt. Was sie eint, ist der Grundauftrag der Kirchenmusik: „Gott loben, das ist unser Amt!“ (EG 288, 5).
Einige der Chöre, die sich bereits um 1898 dem Hannoverschen Werk angeschlossen haben, bestehen bis heute: die ältesten unter ihnen in und um Hermannsburg, der Chor in Brockhausen-Rabber (Bad Essen), weitere in Ostfriesland, u.a. in Strackhold, Wiesens oder Dunum. Posaunenchöre stellen somit eine der ältesten und größten Bewegungen in der Landeskirche Hannovers dar, eine starke Gruppe des musikalischen Ehrenamts.
„So sehr einzelne Posaunenchöre mit Mitgliederschwund zu kämpfen haben, so sehr die Zahl der Chöre flächendeckend in den vergangenen Jahren zurückgegangen ist – die Posaunenchorarbeit hat Zukunft, davon sind wir überzeugt“, sagt Marianne Gorka. Nicht nur die große Zahl an Kindern und Jugendlichen in den Chören geben ihr Hoffnung. Auch der LandesJugendPosaunenchor, den es seit mehr als zehn Jahren gibt und der sich aus immer neuen, nachwachsenden Jugendlichen zusammensetzt, spielen mit auf dem Weg in die Zukunft.
Aber was ist der Zauber, der so viele verschiedene Menschen für ihren Posaunenchor brennen lässt? Vielleicht der Zusammenhalt. „Im Posaunenchor tragen wir Hochs und Tiefs im Leben“, so Gorka. Etliche Posaunenchöre haben zwei Weltkriege überstanden. Und auch persönlich begleiten und tragen sich die Bläserinnen und bei Krankheiten, Trennungen, Umzügen, Todesfällen. So wie manche Beziehung und spätere Ehe ihren Anfang im Posaunenchor nahm, so spielt sich manche Bläserin, mancher Bläser hier den Liebeskummer von der Seele. All das schweißt zusammen.
Die UNESCO hat den besonderen und vereinenden Wert der Posaunenchormusik erkannt und sie 2016 in das Bundesverzeichnis Immaterielles Kulturerbe aufgenommen. „Posaunenchöre zeichnen sich durch ihre generationen-, geschlechter-, und milieuübergreifende Mitgliedschaft aus“, heißt es in der Würdigung.